
Die ursprünglichen Käufer wollten das Anwesen dritteln, konnten sich aber nicht auf das Wie einigen. So erhielten die heutigen Eigentümer den Zuschlag und machten aus Grundstück mitsamt Gebäude aus den 50ern ein nicht so kleines Freizeitparadies.
Nicht zu Unrecht ist die Hausherrin stolz auf ihren Garten, mit den Hortensien und seinen rund 200 Rosenstöcken. Rosen sind Sonnenkinder, brauchen viel Licht, Hege und Pflege, und belohnen diesen Aufwand mit einer prächtigen Blüte und dezentem Duft. Vor und nach der Blütezeit lindern die Fassaden des Haupthauses und des kleinen Badehauses neben dem Schwimmteich eventuelle Entzugserscheinungen, beide sind in einem pastelligen Altrosa gestrichen.
Gartenlust
Jede Generation setzt ihre eigenen Prioritäten. Sind Kinder zu Besuch und es ist Sommer, steht der Schwimmteich mit dem Holzsteg unangefochten im Mittelpunkt. Die ruhigeren Jahrgänge genießen ausgiebiger den Garten, den Laubengang, den kleinen Pavillon, die Sitzecke zwischen den alten Baumstämmen, am Abend die Orangerie, in der bei Festen aufgetischt und bewirtet wird. Insgesamt reichlich Platz, um sich zu verlaufen, um Grüppchen zu bilden. So wie drinnen. Mehr als 400 Quadratmeter, inklusive eines Wintergartens, der sich mit seinen Sprossenfenstern anstatt großflächiger Verglasungen von den herkömmlichen modernen Exemplaren deutlich abhebt.
Hier und im Haupthaus haben die Eigentümer zahlreichen Fundstücken aus der Umgebung und der weiten Welt eine Heimat gegeben, Heiligenfiguren, Sesseln, Stühlen und Sofas der Biedermeierzeit, Barockengeln, Spiegeln, Gemälden, antiken Sekretären. In der Küche einem altem Eisenherd, der einträchtig neben dem E-Herd steht, im Jagdzimmer Geweihen. „Das heißt nur so …“, beruhigt der Hausherr, „… bei uns jagt niemand.“ Fragt man ihn, wer die meiste Arbeit ins Heim gesteckt hat, verweist er auf seine Frau. Sie habe sogar eigentlich erst den Anstoß zum Erwerb des Objektes gegeben.
Solides Handwerk
Denn sie kennt das Anwesen von Kindesbeinen an. Damals hatte es den Eltern einer Schulkameradin gehört, mit der zusammen sie in seinem Garten gespielt hatte. Als es nach der Jahrtausendwende zum Verkauf gestanden hatte, wollte das Paar mitbieten, doch war der Preis anfangs recht happig. Eine Käufergruppe aus drei Parteien erhielt den Zuschlag. Sie hatten vor, das recht beachtliche Areal unter sich aufzuteilen, konnten sich jedoch – der Notar war schon bestellt – über die Abwassergebühr partout nicht einigen, woraufhin das Geschäft platzte. Und der Makler schließlich mit unserem Ehepaar handelseinig wurde, zu einem reelleren Preis. Wenn drei sich streiten, freut sich der Vierte.
In den Fünfzigern erbaut, und zeitweilig vom Bürgermeister des Örtchens im Chiemgau bewohnt, war das Gebäude nicht nur recht großzügig dimensioniert, sondern verriet Geschmack in der Wahl der Baustoffe und solides Handwerk. Solnhofener Platten, mit den typischen kleinen fossilen Einschlüssen, und Massivparkett bildeten den Bodenbelag, der lediglich wieder aufpoliert werden musste. Die zwei Kachelöfen waren vom lokalen Hafner erstellt worden. Den Grundriss konnten die neuen Eigner mehr oder weniger belassen, bis auf die Vergrößerung ihres Schlafzimmers, auf Kosten eines angrenzenden Wohnzimmers. Wohl aber mussten die Fenster ausgetauscht werden, aus energetischen Gründen und, wie man fand, aus ästhetischen: durch Sprossenfenster, Sonderanfertigungen aus Holz, wie die des Wintergartens. Ein mit kleinformatigen Kacheln verkleideter Kamin schien den beiden doch zu kleinkariert, sie ließen ihn überputzen – das Ergebnis ist charmant rustikal. Allmählich entstand so ein vom internationalen Landhausstil geprägtes Gebäude, mit britischem Einschlag; nicht geprägt von der typisch britischen Sorglosigkeit in Sachen Energieeinsparung. Zwar wurde aus Kostengründen auf eine Außendämmung verzichtet. Als Ersatz für die Ölheizung ließ man jedoch im Keller eine Erdwärmepumpe installieren. Ihre Energie bezieht sie aus zwei flächig im Garten eingegrabenen Kollektorfeldern, Leitungssystemen, in denen ein Wärmeträger aus Wasser und Frostschutzmittel zirkuliert.
Verwilderter Garten
Raum für die Kollektorfelder gab es genug. Und darüber hinaus noch für die Anlage eines zweiten Teichs als Naturschwimmbecken, neben dem kleinen vor dem heutigen Wintergarten. Der Garten hatte 2005 nicht mehr viel mit dem Kinderparadies gemein, das die Hausherrin gekannt hatte, war mehr eine Illustration für Alan Weismans Bestseller „Die Welt ohne uns“, lange bevor der in die Buchläden kam. Man hatte Büschen, Sträuchern und Efeu erlaubt zu wuchern, viele der alten Obstbäume waren verfault und mussten abgeholzt werden. Es blieb dabei zum Glück genug alter Baumbestand erhalten, gerade an den Grundstückgrenzen, der Sichtschutz bietet und Lebensraum für allerlei Getier. Insgesamt fanden die meisten Veränderungen außen statt. Ein Teil des Südbalkons wurde abgerissen, bis auf das große Quadrat, das die Terrasse darunter schützt und einen Whirlpool trägt. Links daneben wurde der beheizbare Wintergarten angebaut.

La Vie en Rose
Der Landhausstil britischer Couleur findet sich am konsequentesten umgesetzt im „Badehäusl“, idealem Aufenthalt für die Sommerfrische zwischendurch. Nur das zweiflügelige Tor an der Schmalseite liefert einen Hinweis auf sein erstes Leben als Garage. Die vielen Fenster, Sprossenfenster, ließen es zur harmonischen Ergänzung des Haupthauses werden. Wie der zarte Rosaton des Putzes, durchaus ungewöhnlich im Ort. Was nicht heißt, dass man die Farbe in dieser Gegend, unweit des Chiemsees, nicht schon früher an einer Fassade gesehen hätte. Es gab da einmal eine leicht exzentrische Dame, aus Norddeutschland stammend. Von der man eine gewisse Exzentrizität allerdings erwartete, handelte es sich doch um niemand anderen als Elisabeth Flickenschildt, Schauspiel-Legende mit einer Schwäche für Bauernhöfe, die sie sammelte und mit Gesammeltem aus aller Welt füllte, und die ihre Häuser rosa anstrich. Zwar war sie zuletzt wieder an die Nordsee gezogen, ist aber dennoch auf einem Friedhof auf der anderen Seite des Sees bestattet, wo sie ebenfalls einen Hof besessen hatte. Der Bauherr erinnert sich, wie er Flickenschildt, die in den 1960ern zum Katholizismus übergetreten war, sonntags im offenen Mercedes-Cabriolet vor der Kirche vorfahren sah.

Historie und Handwerkskunst
Eins der Schmuckstücke drinnen ist ein schmiedeeisernes Geländer, das auf der originalen, steilen Eichentreppe Halt gibt. Es stammt aus einem der Häuser der Schauspielerin – „Passte wie für uns gemacht …“. Ihre Erwerbungen, wussten Zeitgenossen zu berichten, sollen schnell den Charakter von Museen angenommen haben, voll mit viel Bestaunenswertem, aber mit kaum einer gemütlichen Sitzgelegenheit. Hier dagegen herrscht wirklich kein Mangel an einladenden Ecken und Eckchen. Einer davon ist der Weinkeller: „Den hat meine Frau ganz allein gestaltet und eingerichtet …“, so der Bauherr, „… es sollte eine Überraschung für mich werden, zu Weihnachten.“ Wochenlang durfte er den Raum nicht betreten, erst am Tag X. Noch ein Ort, an dem man prima „versacken“ kann. An der Wand über dem Weinregal prangt ein Spruch, den Elisabeth Flickenschildt unterschrieben hätte, wenigstens den zweiten Teil: „Im Wein liegt die Wahrheit und die ist weiblich.“


Umbau-Daten
Baujahr ca. 1955, Grundstück: ca. 4.000 m², Umbau
ca. 2 Jahre
. Bauweise Bestand: massiv
. Baustoffe Bestand, konstruktiv: Ziegel, Beton, KV-Holz
. Bauweise Umbau und Erweiterung: massiv
. Baustoffe Umbau, konstruktiv: Ziegel
. Dach: Satteldach
. Fassade: Putz
. Baustoffe Ausbau: Gipskartonplatten
. Heizung und Haustechnik: Sole/Wasser-Wärmepumpe
mit Erdkollektoren, Fußbodenheizung; bestehender
Kachelofen
. Wohnfläche vorher: ca. 400 m²
. Wohnfläche nachher: ca. 440 m²