Interior Design Tipps von Profis: Sie richten Hotels ein. Ihr Know-how geben sie gerne weiter. Die Innenarchitekten des Designstudios JOI-Design erklären die Kniffe der Hotellerie.
Das Designstudio JOI-Design ist auf die Hospitality-Branche spezialisiert. Das heißt, die Innenarchitekten richten Hotels ein. Seit über 30 Jahren betreut das Hamburger Unternehmen verschiedene junge Boutique- und Szene-Hotels. Dazu gehören auch namhafte internationale Hotelketten wie Hilton, Kempinski, JW Marriott und Hyatt. Über 300 Hotelprojekte hat JOI-Design bereits entwickelt. Für seine Projekte wurde das Design-Studio mit über 45 Preisen ausgezeichnet, u. a. mit dem German Design Award, International Design Award, London Design Award sowie dem Finest Interior Award.
Das 40-köpfige Team von JOI-Design, bestehend aus Innenarchitekten, Bauzeichnern, Produktentwicklern, Architekten und anderen Spezialisten für Materialität, Farbe und Licht, arbeitet je nach Bedarf in interdisziplinären Expertengruppen zusammen. So entstehen individuelle, maßgeschneiderte Design-Konzepte.
Fließende Übergänge
Für Hoteliers ist eine ansprechende Ausstattung das A und O. Schließlich sollen die Gäste sich wohl fühlen. Eine zentrale Erkenntnis der letzten Jahre: Für Hotelgäste verschwimmen die Grenzen zwischen den einzelnen Räumen und Bereichen immer mehr. Die Gäste wünschen sich multifunktionale Atmosphären. Das gilt auch fürs Wohnen.
Corinna Kretschmar-Joehnk von JOI-Design verrät im Interview, was private Hausbesitzer von Hoteliers lernen können und welche Interior-Trends nach Hygge kommen.
Zur Person
Die 51-jährige Corinna Kretschmar-Joehnk leitet JOI-Design gemeinsam mit ihrem Mann Peter Joehnk. Die beiden Innenarchitekten verfügen über jahrzehntelange Erfahrung im Hotelbereich. Das Portfolio des Hamburger Designstudios umfasst heute auch die Entwicklung von Möbeln, Leuchten oder Armaturen.
Frau Kretschmar-Joehnk, der Supersommer 2018 neigt sich dem Ende zu. Wie kann man die heiße Jahreszeit zu Hause verlängern?
Wenn man sich die Sommerfarben noch mal ein wenig in die vier Wände hereinholt, kann man dieses Feeling noch ein wenig beibehalten. Also knackigen Farbakzente wie ein pastelliges Gelb oder ein schönes klares Türkis. Sofort kommt nochmals ein paar Tage eine Sommer Brise in die Innenräume.
Alle sprechen (immer noch) über Hygge. Was sind die Trends in Sachen Interior Design für den Herbst 2018?
Hygge ist ja auch ganz schön, insbesondere wenn jetzt die Tage kürzer werden und die Sonne an Kraft verliert. Dann ist die nordische Gemütlichkeit das Design für kuschelige Abende. Aber neben Hygge gibt es auch immer noch den Industrial Style, auch der Retro Style ist noch nicht vorbei. Und der Dauerbrenner Natur (Green, Eco) läuft aktuell und wird auch noch lange weiter laufen.
Und was kommt danach?
Ich kann jetzt noch nicht den nächsten Trend erkennen. Was ich aber feststelle, ist eine lässige Mischung der oben genannten Trends zu Industrial, Green, Retro und Hygge. Also ein flexibler Mix, der jeweils stark individualisiert werden kann. So findet man auch in einem industriell geprägten Ambiente mal eine karierte Wolldecke. Oder das skandinavisch-moderne Hygge wird mit Omas Ohrensessel kombiniert.
Gemütlicher Gegenpol
Diese Gemütlichkeit wird oft als Gegenpol zur digitalisierten Welt gesehen.
Dass die angesagte Gemütlichkeit irgendwann ins Gegenteil umschlägt und wir dann wieder in technisch coolen Räumen wohnen wollen, in denen Edelstahl, Glas und die Farbe Weiß die einzige Rolle spielen, bezweifle ich zumindest für die nächsten Jahre stark!
Wie entdecken Sie neue Trends?
Wir sind als Innenarchitekten ohnehin sehr visuell geprägte Menschen, die immer und überall neue Eindrücke sammeln. Insofern entdecken wir die Trends auf der Straße – insbesondere in der Mode. Und natürlich reisen wir sehr viel und sehen uns auch die Hotels und Wohnungen in anderen Kulturen an. Ohne dass wir dabei direkten Ideenklau betreiben, lassen wir uns von den Stimmungen an fremden Orten inspirieren. Und das ein oder andere Element lässt sich ganz anders übersetzt dann vielleicht in einem unserer Entwürfe wiederfinden.
So kommt also Bali nach Berlin?
Das funktioniert natürlich nicht so, dass wir einen besonders charmanten hinduistischen Tempel auf Bali als Wohnzimmereinrichtung in Deutschland kopieren. Stattdessen sind es dann vielleicht spezielle Farben und Muster oder auch nur der Lichtreflex auf vergoldeten Flächen, die wir in die europäische Welt transportieren können.

Wie funktioniert die Ausstattung in der Hotelbranche?
In der Hotellerie hat man ja viele Bereiche zu gestalten. Da gibt es Gästezimmer, Bäder, Restaurants, die Lobby, eine Bar, Konferenzräume, den Wellnessbereich und Arbeitsbereiche. Da ist es sicherlich nachvollziehbar, dass man nicht alles, was einem gefällt, bunt zusammengewürfelt einsetzen kann. Der Entwurf beginnt also damit, dass wir uns ein Thema überlegen und dann dieses Thema wie einen roten Faden durch die verschiedenen Bereiche des Hotels ziehen – ohne Wiederholung, aber in einer harmonischen Abstimmung, die sich von Bereich zu Bereich wandelt.
Gibt es dabei stilistische Richtlinien, an die Sie sich halten müssen?
Die funktionalen Vorgaben gibt uns der jeweilige Hotelier. Wir schlagen dann ein Entwurfskonzept vor, das wir mit ihm abstimmen. Dabei sind die verantwortlichen Mitarbeiter großer Hotelkonzerne eher darauf bedacht, dass sich eine Markenidendität in unseren Entwürfen widerspiegelt, während Privathoteliers eher nach persönlichem Geschmack entscheiden.
„Ein gut hinterleuchteter Spiegel ist nicht nur im Hotel, sondern auch zu Hause hilfreich“
Welche Tipps aus der Hotellerie lassen sich auf Privathaushalte übertragen?
In den Hotels geht es viel um Funktionalität gepaart mit Design. Wo man zu Hause Unistoffe einsetzen würde, die aber natürlich keinen Fleck oder Schatten verzeihen, suchen wir im Hotel – wenn wir den Uni-Loo‘ wünschen – zumindest einen leicht melierten Stoff aus.
Gibt es weitere Parallelen?
Ein wichtiges Thema im Hotelbad sind Ablageflächen und das richtige Licht zum Schminken oder Rasieren. Ein gut hinterleuchteter Spiegel kann aber natürlich auch zu Hause helfen, den Tag gleich richtig zu beginnen – genauso wie die Sorge um genügend Ablagemöglichkeiten. Und: Wir kümmern uns im Hotel um separates Leselicht am Bett, damit man seinen Partner nicht stört, wenn er schon schlafen möchte. Das kann man sich gut auch für die eigenen vier Wände abgucken!
In Hotels ist Privatsphäre wichtig. Wie lassen sich Schallschutz und Co. auf Privathäuser übertragen?
Generell ist der Einsatz von Stoffen wichtig: Einerseits für das Wohlbefinden, denn so fühlt sich der Raum gleich wärmer an. Aber auch für den Schallschutz spielen Vorhänge, Polster, Kissen oder Teppiche eine Rolle. Räume ohne Gardinen, mit einem harten Boden oder mit nicht gepolsterten Stühlen wirken dagegen kahl und haben keine schallabsorbierenden Eigenschaften. Ein Tipp: Wenn man solch einen coolen Look bevorzugt, kann man trotzdem gegensteuern und z. B. unter dem Tisch verdeckt ein Stück Stoff befestigen. Man kann aber auch Kunst an den Wänden integrieren, die akustisch wirksam ist.

Welche Trends aus internationalen Hotelketten lassen sich in Privathaushalten umsetzen?
Die Asiaten und hier speziell die Japaner pflegen eine andere Kultur, was die Körperhygiene betrifft. Aus Japan kommt der Trend von kombinierten Dusch-WCs, also einer Kombi aus Toilette und Bidet. Sie sind in Japan aus keinem Hotel wegzudenken und ziehen langsam auch in unseren Gefilden in die privaten Haushalte ein. Auch das Baden spielt im asiatischen Raum eine große Rolle. Während bei uns aus Platzgründen die Badewannen zunehmend verschwunden aus den Haushalten waren und dafür mehr Wert auf große, geräumige Duschen gelegt wurde, kommt man jetzt gerne auch mal wieder auf die smarte Integrierung einer zusätzlichen Wanne zurück. Schließlich werden Ruhepausen in unserer digitalen Welt, die immer fordernder, schneller und lauter wird, immer wichtiger.
Welche Themen werden uns hinsichtlich Interior Design in Zukunft beschäftigen?Durch die ständige Erreichbarkeit und die verschwimmenden Grenzen zwischen Arbeits- und Freizeit werden Themen der Entschleunigung und der Erholung generell wichtiger. Wir denken wieder mehr an uns in den kurzen Verschnaufpausen.