
Haben Sie eine Allergie? Mit hoher Wahrscheinlichkeit werden vielen von Ihnen mit einem „Ja“ antworten. Denn nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und Klinische Immunologie (DGAKI) leidet in Deutschland jeder vierte bis fünfte Einwohner an einer allergischen Erkrankung.
Heuschnupfen und Neurodermitis sind die beiden häufigsten allergischen Erkrankungen, die Asthmahäufigkeit liegt bei etwa 5 % in der Bevölkerung. Etwa 2.700 Menschen sterben jährlich an den Folgen der Krankheit. Kinder und Jugendliche bis zum 18. Lebensjahr erkranken zunehmend an Allergien, mittlerweile sind schon 18 % dieser Altersgruppe von Allergien betroffen.
Reiz und Reaktion
Die Ursachen für eine allergische Reaktion herauszufinden, ist nicht immer einfach. Oft besteht ein offensichtlicher Zusammenhang zwischen einem Reiz und einer allergischen Reaktion. Läuft die Nase oder tränen die Augen, wenn die Birken blühen, ist ein Heuschnupfen sehr wahrscheinlich. Ein Hals-Nasen-Ohren-Arzt oder ein Allergologe kann den Verdacht kann relativ leicht bestätigen. Manchmal ist eine solche Abhängigkeit aber nicht so eindeutig. Dann leidet der Patient unter schnupfenähnlichen Symptomen, klagt über Kopfschmerzen oder quält sich mit juckenden Augen – und weiß nicht, warum. Die Standard-Allergietests bringen keine Klarheit, der Patient tappt im Dunkeln. Etwa 80 bis 90% seiner Lebenszeit verbringt der Mensch in Innenräumen. Es ist daher eigentlich nur naheliegend, dass die Innenraumbedingungen als mögliche Ursachen für Allergien in Betracht gezogen werden sollten.

Formaldehyd
Das wohl bekannteste Gift, mit dem man immer und immer wieder konfrontiert wird, ist Formaldehyd. Es kommt in Innenräumen erhöht vor, wenn größere Mengen verleimter Platten (auch Laminat, Paneele) eingesetzt werden. Formaldehyd wirkt stark reizend auf die Augen sowie auf die Schleimhäute von Nase und Rachen. Es besitzt einen stechenden, manchmal leicht süßlichen Geruch, an dem es relativ leicht zu erkennen ist. Sehr typisch für eine Formaldehyd-Belastung ist auch: Verlässt man den belasteten Raum, lassen auch die allergischen Symptome nach. Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat Formaldehyd sogar als krebserregend eingestuft.
Holzschutzmittel
Auch Holzschutzmittel (z.B. PCP, Linda, Permethrin, Dichlofluanid) in Innenräumen können der Gesundheit erheblich zusetzen. Typische Symptome für eine Holzschutzmittelbelastung sind Schwellungen, laufende oder verstopfte Nase, chronische Bronchitis, aber auch Schlafstörungen und Kopfschmerzen. Holzschutzmittel nachzuweisen ist nicht ganz einfach. Verdächtigt man ein M.belstück, kann man dieses eine Zeit lang entfernen und schauen, ob sich die Symptome bessern. Eine Holzschutzmittelbelastung bei Paneelen oder Bodenbelägen hingegen ist nur mit Hilfe einer kostenintensiven Materialprüfung möglich. Wenn es technisch und finanziell möglich ist, sollten alle mit Holzschutzmitteln behandelten Materialien entfernt und fachgerecht entsorgt werden. Bei behandelten Balken reicht evtl. auch das Abhobeln (nicht Abschmirgeln, wegen der Feinstaubentwicklung!) um ca. 3 mm, belastete Oberflächen können auch mit einer Dampfsperre (dampfdichte Folie) versehen werden.
Schimmel und Bakterien
Zunehmend gibt es in Häusern und Wohnungen auch Probleme mit Schimmelpilz- oder Bakterienbefall. Hauptursache ist eine überhöhte Feuchtigkeit in der Wohnung, z.B. durch bauliche Wasserschäden, mangelhafte Abdichtung zum Erdreich, falsche Wärmedämmung von Außenbauteilen, feuchtigkeitsabsperrende Innenverkleidung, falsches Lüften und dergleichen mehr. Schimmelpilze finden häufig auch in Klimaanlagen ideale Wachstumsbedingungen vor, können dadurch die Raumluft stark belasten und über diesen Weg erhebliche allergische Reaktionen auslösen. Zur Beseitigung werden oft Fungizide verwendet, die selbst aber als höchst gesundheitsschädlich gelten. Die einzige erfolgversprechende Maßnahme ist daher die Beseitigung der Baumängel oder die Änderung des Lüftverhaltens.
Asbest
Oft unterschätzt, aber in seinen gesundheitlichen Auswirkungen wohl am gravierendsten, ist Asbest, das man in Heizkörpernischen, an bestimmten Bodenbelägen und in Elektrospeicheröfen vorfindet. Mit Holz ausgekleidete Heizkörpernischen, verkleidende Holzgitter oder über Heizkörpern befindliche Holzfensterbänke wurden in den 1960er und 1970er Jahren häufig mit Asbestpappen – manchmal auch mit asbesthaltigen Leichtbauplatten – versehen. Damit sollte das Holz gegen Verformung durch die Wärmeabstrahlung des Heizkörpers geschützt werden. Zulässig war dies bis 1981. Seitdem ist das verboten, denn Asbestprodukte stellen ein hohes Gesundheitsrisiko dar und sollten unbedingt vom Fachmann entfernt werden.
Böden, Wände, Decken
Problematisch sind auch PVC-Fußböden, die nach wie vor reißenden Absatz finden. PVC-Bodenbeläge stecken allerdings voller Weichmacher und anderer Schadstoffe, wodurch besonders Kleinkinder gefährdet sind, die beim Krabbeln und Spielen auf dem Fußboden ständigen Hautkontakt zu den Schadstoffen haben. Eine weitere Belastung können Wände und Decken des Wohnzimmers darstellen, wenn sie zum Beispiel mit schadstoffhaltigen Tapeten beklebt wurden. Beliebt, aber nicht wirklich empfehlenswert, sind Strukturtapeten, die erhebliche Mengen Weichmacher enthalten. Manche als „scheuerfest“ angepriesene Tapeten, die häufig im Bad verklebt werden, bekommen sogar einen durchgehenden PVCÜberzug.

Schäume
Der Einbau von Türen und Fenstern erfolgt heute meistens mit Bauschaum. Was man früher mit Mörtel, Lehm oder Hanfwollstricken abdichtete, füllt man heute mit dem aufquellenden Schaum aus der Dose. Die Ausgangsstoffe für diese Bau- und Montageschäume sind Alkoholgruppen und Isocyanate. Diese Stoffe wirken reizend und können schon bei einmaligem Hautkontakt allergische Reaktionen hervorzurufen. Auch viele Polstermöbel enthalten Isocyanate in den Polyurethan-Schäumen, aus denen sie bestehen. Azofarbstoffe, die zwar in Textilien verboten, in Möbelstoffen aber noch erlaubt sind, Flammschutzmittel in Kunstfaserbezügen und sogar Pestizide und giftige Konservierungsmittel, die vor allem bei importierten Ledermöbeln zu finden sind, sind weitere Schadstoffe, die das Sofa zu einem regelrechten Giftcocktail machen. Gefahren lauern auch in der Unterhaltungselektronik. Fernseher, Stereoanlage, DVD-Player, Spielekonsole – ein ganzes Arsenal steht hier zur Entspannung am Feierabend bereit. Was beim Betrieb der Geräte so unangenehm riecht, sind flüchtige organische Verbindungen (VOC) und schwerflüchtige organische Verbindungen (SVOC), die sich in der Innenraumluft anreichern. Höhere VOC-Konzentrationen führen schon nach kurzer Zeit zu Geruchsempfindungen oder Reizungen der Augen, sowie der Schleimhaut von Nase und Rachen oder auch zu Kopfschmerzen, Schwindelgefühl und Müdigkeit. Erste-Hilfe-Maßnahme: regelmäßiges Lüften.
Schlafzimmer
Auch im Schlafzimmer kann eine Schadstoffbelastung durch ungünstige Wandoder Bodenbeläge vorliegen. Hinzu kommt der Schimmel. Und zwar verstärkt in diesem Raum, weil hier oft ungenügend gelüftet und nicht ausreichend geheizt wird und die Wände mit Schränken zugestellt sind. Eine Belastung kann durch Schadstoffe, die in Betten und Matratzen enthalten sind, kommen: Triclosan zum Beispiel, das antibakteriell wirkt und als gesundheitlich bedenklich gilt, phosphororganische Flammschutzmittel oder das Nervengift Permethrin als Mottenschutz von Woll -Vliesen, das auch in Teppichen enthalten ist.

zu achten. Foto: Auro Wandfarbe
Küche und Bad
Eine besondere Rolle spielen Küchenmöbel, denn in der Regel sind Küchen viel dichter möbliert als Wohnräume. Handelt es sich um schadstoffbelastete Möbel (z.B. durch Formaldehyd), ist auch die Schadstoffbelastung im Raum höher. Das Problem wird noch verschärft, weil auch die Lufttemperatur und die Luftfeuchte entscheidenden Anteil an der Belastung haben. Je wärmer und feuchter die Luft, umso stärker die Formaldehyd-Ausdünstung.