
Wenn es im Winter in Neubauten besser auszuhalten ist als in vielen Altbauten, liegt das vor allem am Fortschritt in Sachen Wärmeschutz. Die Auswahl an Dämmstoffen ist inzwischen riesig, doch passt nicht jeder zu jeder Bauweise.
Seit 2011 wird in den Medien gegen das Dämmen von Gebäuden gewettert. Dämmung bringe nichts, sei zu teuer, führe zu Schimmel, brenne wie Zunder, sei ein Umwelt- und Entsorgungsproblem. Dabei ist die Geschichte des Wärmeschutzes eine Erfolgsgeschichte, nur dass dieser Erfolg offenbar zu unspektakulär daher kommt. Obwohl oder weil er sich in „Negawattstunden“ bemisst, in eingesparten Megawattstunden an Heizenergie. Zu verdanken haben wir ihn nicht zuletzt den Wärmeschutzund Energie-Einspar-Verordnungen der letzten 40 Jahre, von mal zu mal strenger, aber auch heute durchaus einzuhalten – und zu übertreffen. Es gibt zahlreiche Dämmverfahren und zahlreiche Dämmstoffe, für jede Bauweise den richtigen.

Synthetisch, mineralisch, natürlich
Zum massiven Bau aus Mauerwerk passt optimal das Wärmedämm- Verbundsystem (WDVS), aus starren Dämmplatten, Unterputz, Armierungsgewebe und Oberputz. Meist nimmt man die preisgünstigen Platten aus hochdämmendem, synthetischem Hartschaum, etwa expandiertem Polystyrol (EPS), unter dem Handelsnamen „Styropor“ bekannt.

Platten aus Mineralwolle oder Holzfasern müssen aufgrund ihrer geringeren Isolierwirkung dicker ausfallen. Im Holzrahmenbau wird der Dämmstoff in Form von Matten oder Flocken in die Hohlräume zwischen die Konstruktionshölzer eingebracht, außen wird mit dünneren, ebenfalls starren Platten aus Polystyrol oder Holzfasern ergänzt. Die Matten bestehen in der Regel aus Mineralwolle oder Holzfasern, oder es kommen Zelluloseflocken zum Einsatz, aus Altpapier hergestellt.

Dach und Keller
Das Dach, früher oft ganz ohne Wärmeschutz, erhält gewöhnlich eine Aufsparrendämmung oder eine Kombination aus Zwischensparren und Aufsparrendämmung. Zwischen den Sparren ist der Platz für dauerelastische Matten aus Mineral- oder Holzwolle, auf den Sparren sind starre Platten angesagt: In Frage kommt unter anderem der feuchte und druckbeständige Polyurethan- Hartschaum (PUR).

Der eignet sich des wegen auch für die Kellerdämmung (Perimeterdämmung). Ähnliche Eigenschaften hat extrudiertes Polystyrol (XPS), das wie PUR zur Isolierung der Kelleraußenwände dient. Diese robusten Hartschäume lassen sich ebenso als Dämmschicht unterhalb der Sockel- oder Bodenplatte verwenden – und tragen dann das ganze Haus.

Schimmelschutz
Dämmung, so hört man es inzwischen überall, behindere die „Wandatmung“ und erhöhe damit das Schimmelrisiko. Aber diese Atmung gibt es nicht, und wenn es sie gäbe, hätte man im Winter nichts Eiligeres zu tun, als sie abzustellen. Schimmel entsteht, wo die Außenwände zu kalt, weil unzureichend isoliert sind, lückenloser Wärmeschutz ist daher gleichzeitig Schimmelschutz. Die Brandgefahr durch Hartschaumplatten wird selbst aus Sicht der Feuerwehr maßlos übertrieben, Dachstuhl, Möbel und Textilien stellten im Ein – familienhaus die größere Brandlast dar. Mittlerweile hat man überdies mit einem neuen Recycling-Verfahren für Polystyrol, dem CreaSolv®-Prozess, gute Erfahrungen gemacht. Bleibt noch das Argument, Dämmung sei unnatürlich, alles andere als die monolithische Wand, aus Ziegeln, Kalksandsteinen oder Beton, sei moderner Schnickschnack. Und wieder ist das Gegenteil richtig: Erst in der Zeit billiger fossiler Brennstoffe baute man nur noch so, ließ die Heizung rund um die Uhr bullern und vernachlässigte den Wärmeschutz. Sträflich, wie sich herausstellte.

Infos
Mit der neuen Energie-Einspar-Verordnung, der EnEV 2014, wird der höchstzulässige Energiebedarf noch einmal um 25 % gesenkt. Zwar lässt sie hinsichtlich der U-Werte der einzelnen Bauteile gewisse Freiheiten, weil sie sich hauptsächlich für das Endergebnis interessiert, doch der Wärmeschutz wird stärker ausfallen müssen. Für Außenwände wäre nach dem FIW, dem Forschungsinstitut für Wärmeschutz e.V. in München, ein Wert von 0,22 W/(m2K) anzustreben, für Dächer 0,16 W/(m2K), für Kelleraußenwände 0,28 W/(m2K). Vom Passivhaus, das auf eine Heizung verzichten kann, wäre ein Neubau nach EnEV noch etwas entfernt: dessen Wände dürfen den U-Wert von 0,15 W/(m2K) nicht überschreiten.
U-Wert oder Wärmedurchgangskoeffizient: dient zur Beurteilung des Dämmvermögens eines Bauteils, Einheit W/(m2K); er verrät, wie viel Watt in einer Sekunde bei einem Wärmegefälle von 1 Grad Kelvin durch einen Quadratmeter des betreffenden Bauteils entkommen.
?-Wert, auch „Wärmeleitzahl“: gibt Auskunft über das Dämmvermögen eines Dämmstoffs.
Einheit W/(mK): gibt an, wie viel Watt in einer Sekunde durch einen 1x1x1-Meter-Würfel des betreffenden Materials strömen, bei einem Wärmegefälle von 1 Grad Kelvin. Mehr über die Auswahl des jeweils richtigen Dämmstoffs erfährt man in diesem Ratgeber der Verbraucherzentrale: Wärmedämmung – Vom Keller bis zum Dach