Sind Luxusartikel auch für unsere Gesundheit förderlich?

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Der Teppichboden-Klassiker mit dem Haar der Kaschmirziege, das Feuchtigkeit aufnimmt und bei Bedarf wieder an die Raumluft abgibt.
Der Teppichboden-Klassiker mit dem Haar der Kaschmirziege, das Feuchtigkeit aufnimmt und bei Bedarf wieder an die Raumluft abgibt. Auch Feinstaub wird effektiv gebunden kann, gut für Allergiker. Foto: Tretford

Kissen, Gardinen, Tischdecken und Teppiche gehören zu den Luxusartikeln in unserer Wohnung. Wir brauchen sie nicht, aber sie bereichern ungemein unser Wohlbefinden. Wenn alles so richtig kuschelig und gemütlich ist, wer denkt da schon an Schadstoffe?

Heimtextilien sind ganz nah bei uns, was die Sache besonders brisant macht. Mit all diesen Wohndecken, das Sitzkissen, Teppich haben wir direkten Hautkontakt. Können sie uns schaden? Ja, wenn sie Farbstoffe und Bleichmittel enthalten und flüchtige organische Verbindungen (sogenannte VOC = volatile organic compounds) oder sogar Formaldehyd ausdünsten. Problematisch sind auch Insektizide, die in vielen konventionell hergestellten Produkten zu finden sind, zum Beispiel in Teppichen, Gardinen und Polstermöbeln. Sie sollen einen Befall mit Insekten verhindern und stehen in Verdacht, Krankheiten auszulösen und Erbgutschäden zu verursachen. Auch Flammschutzmittel gelten als gesundheitlich bedenklich. Sie lassen sich unter anderem in Holzlasuren nachweisen, aber auch in verschiedenen Teppichrücken, Polstermöbeln und Schaumstoffmatratzen. Typische, von Flammschutzmitteln verursachte Beschwerden sind Reizungen von Haut, Schleimhäuten und Atemwegen.

Foto: Centro Granat
Foto: Centro Granat

Ladungen vermeiden

Hatten Sie schon mal die Haare zu Berge stehen? Elektrostatische Aufladung gehört zu den Effekten, die in gesundheitlicher Hinsicht unterschätzt werden. Tatsache ist aber, dass sie Nervosität, Stress, Schlafstörungen und Stoffwechselstörungen auslösen können. Elektrostatische Aufladung entsteht durch Reibung mit synthetischen Materialien, z. B. synthetischen Teppichen, aber auch mit behandelten Naturfaserteppichen. Kunststoffbodenbeläge und Gardinen können tagelang ihre Ladung halten.

Imprägnierungen

Aber selbst wer auf „Natur pur“ setzt, ist nicht zwangsläufig auf der sichereren Seite: So enthalten beispielsweise Teppiche aus Naturwolle oder Vorhangstoffe aus reinen Naturfasern zwar von sich aus keine Schadstoffe, entsprechen aber nicht den Brandschutzbestimmungen und werden deshalb imprägniert. Mit der Imprägnierung geht dann aber auch die Naturreinheit verloren. Auch Naturfaserteppiche aus Schafwolle, Ziegenhaar, Kokos oder Sisal können problematisch werden, wenn sie mit Insektiziden behandelt oder mit Kleber ausgestattet wurden. Und Teppiche aus Jute, Kokos, Baumwolle, Seegras, Sisal oder Zellulose können auf ihrer Rückseite eine Schaumstoffschicht besitzen, die Schadstoffe ausgasen.

Textiles Vertrauen gemäß des Öko-Tex-Standards 100 auch bei Rollos bietet das Unternehmen Gardinia. „Alugard-Rollo“ gestreift z. B. ab 84,- Euro, Gardinia
Textiles Vertrauen gemäß des Öko-Tex-Standards 100 auch bei Rollos bietet das Unternehmen Gardinia. „Alugard-Rollo“ gestreift z. B. ab 84,- Euro, Gardinia

Mit Brief und Siegel

Die „Tretford Eco-Fliesen“ werden ganz ohne Klebstoff verlegt. Der Vliesrücken besteht aus recyceltem Material, das später wieder recycelt werden kann. Foto: Tretford
Die „Tretford Eco-Fliesen“ werden ganz ohne Klebstoff verlegt. Der Vliesrücken besteht aus recyceltem Material, das später wieder recycelt werden kann. Foto: Tretford

Die sicherste Möglichkeit, ein schadstofffreies Produkt zu erwerben, ist die Orientierung an Siegeln und Zertifikaten. Dazu gehören neben dem „Blauen Engel“ und dem Zertifikat „LGA-schadstoffgeprüft“, die auch für schadstoffarme Möbel vergeben werden, auch Siegel wie OEKOTEX®. Das wohl bekannteste Prüfzeichen für Textilien ist ein weltweit einheitliches Prüf- und Zertifizierungssystem für textile Roh-, Zwischen- und Endprodukte aller Verarbeitungsstufen mit dem Ziel einer umfassenden Schadstofffreiheit. Seit Juli 2013 wird das produktbezogene Label OEKO-TEX® Standard 100 durch STeP „Sustainable Textile Production“ by OEKO-TEX® ergänzt, einer neuen transparenten Zertifizierung für umweltfreundlich und sozial verantwortlich agierende Brands, Handelsunternehmen und Produktionsbetriebe. Seit 2000 wird das Qualitätszeichen „Naturtextil IVN zertifiziert BEST“ durch den Internationalen Verband der Naturtextilwirtschaft e.V. (IVN) vergeben. Dieser vor allem im europäischen Raum bekannte Standard liegt weit über der Gesetzgebung der Europäischen Union. Er ist derzeit der Standard mit den höchsten Ansprüchen an textile Ökologie und zeigt das im Augenblick maximale, realisierbare Niveau auf.

Das „Global Organic Textile Standard-Gütesiegel“ erhalten Produkte, deren Naturfasern mindestens zu 70 % aus kontrolliert biologischem Anbau (kbA) stammen. Außerdem verpflichten sich die Hersteller zu einer transparenten Produktionskette und fairen Vergütung der Arbeiter. Die Ansprüche des „GOTS“ liegen etwas unter denen des „NATURTEXTIL IVN zertifiziert BEST“. Das Qualitätszeichen „Nature Plus“ wird von dem Internationalen Verein für zukunftsfähiges Bauen und Wohnen natureplus e.V. vergeben und steht für umweltgerechte, gesundheitsverträgliche und funktionelle Bauprodukte und Einrichtungsgegenstände in Europa. Zertifizierte Produkte müssen mindestens zu 85 % aus nachwachsenden und/oder mineralischen Rohstoffen (einschließlich Wasser) bestehen. Bei der „Gemeinschaft umweltfreundliche Teppichböden e.V. (GuT)“ handelt es sich um einen Zusammenschluss von Herstellern textiler Bodenbeläge. Die Mitgliedschaft wird an die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften und des Standes der Technik bezüglich des Umweltschutzes geknüpft. Mit dem Siegel ausgezeichnete Produkte müssen eine Reihe von Kriterien in Bezug auf die Begrenzung des Schadstoffgehaltes und der Emissionen erfüllen, darunter auch Gerüche. Der Verein vergibt das Zeichen ausschließlich an seine Mitglieder.