Meistens kann man sie nicht sehen. Riechen geht schon besser. Aber so richtig lassen sich Wohnschadstoffe in der Raumluft nur mit wissenschaftlichen Methoden nachweisen. Und die müssen genau passen.
Der eigenen Nase kann man in der Regel trauen. Riecht es in den eigenen vier Wänden dauerhaft seltsam, liegt vermutlich etwas in der Luft. Doch was ist ein Schadstoff und ab wann wird er zum Problem?

Diese Frage betrifft nicht nur vom Menschen gemachte Chemikalien, sondern auch „Naturprodukte“. Denn für sensible Menschen können zum Beispiel Emissionen von Schimmelpilzen oder aus Holz oder Naturfarben eine Belastung darstellen.
Um die Antworten auf diese Fragen auf ein solides Gerüst zu stellen, machen sich viele Experten seit Jahren Gedanken und tauschen sich zu Grenz- und Empfehlungswerten aus.
AgBB-Schema gibt die Richtung vor
In Deutschland maßgeblich für Schadstoffmessungen ist das Schema des Ausschusses für die gesundheitliche Bewertung von Baustoffen, kurz AgBB. Dieses beschreibt das Vorgehen zur Schadstoffprüfung. Zusätzlich hat sich die Norm DIN EN 16516 etabliert, die als europaweite Regelung nach und nach Vorgaben für Bauprodukte machen soll. Noch steckt deren Umsetzung aber im europäischen Normenstau fest.
Richtig messen ist das eine. Die Ergebnisse bewerten und daraus die richtigen Schlüsse ziehen, das andere. Wichtig zu wissen: Bei den meisten Prüfergebnissen besteht für gesunde Menschen keine aktuelle Gefahr. Nur Schadstoffe in sehr hohen Konzentrationen veranlassen zum sofortigen Handeln.

Es geht eher darum, nicht auf lange Sicht krank zu werden oder dauernd unter Unwohlsein zu leiden. Die Mengen an Schadstoffen, um die es geht, sind zwar winzig klein, aber trotzdem für unsere Gesundheit bedeutsam.
Die Experten sprechen von Millionstel Gramm pro Kubikmeter Raumluft, abgekürzt μg/m3. Für Formaldehyd liegt der Empfehlungswert des Umweltbundesamtes zum Beispiel bei 100 μg/m3. Die Weltgesundheitsorganisation und Experten wie das Sentinel Haus Institut sind hier noch strenger und empfehlen einen Formaldehydgehalt von maximal 60 μg/m3.
Einheitliche Richtwerte
Mittlerweile gibt es mit den „Anforderungen an Baustoffe hinsichtlich des Gesundheitsschutzes“, kurz AGB, als Anhang der Musterverwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen zwar einen gesetzlichen Mindestschutz für Schadstoffemissionen in Gebäuden, oft beziehen sich diese aber nur auf den einzelnen Baustoff.
In der Summe aller verwendeten Produkte kann es trotzdem zu einer Überschreitung kommen. Um diese richtig beurteilen zu können, hat wiederum der Ausschuss für Innenraumrichtwerte (AIR) beim Umweltbundesamt eine Vielzahl von bundeseinheitlichen Richtwerten veröffentlicht, unterhalb denen eine gesundheitliche Beeinträchtigung nicht zu erwarten ist bzw. ab denen die Ursachen ermittelt und abgestellt werden sollten.

Diese offiziellen Empfehlungswerte werden auch gerne herangezogen, wenn es vor Gericht hart auf hart geht und ermittelt wird, ob ein Schaden entstanden und wer dafür verantwortlich ist. Immer häufiger tauchen Angaben zu Schadstoffen bei Nachweisen zur gesundheitlichen Qualität von Gebäuden oder Baustoffen auf.
Als Leitwert gilt der Summenwert für flüchtige organische Verbindungen (TVOC = Total volatile compound). Neben diesem Summenwert achten die Experten auch auf die Werte einzelner bestimmter Schadstoffe, um ihren Quellen auf die Spur zu kommen. Doch Messung ist nicht gleich Messung.
Auf richtige Werte achten
Um auf vergleichbare und verlässliche Ergebnisse zu kommen, müssen die Messungen nach den entsprechenden Normen VDI 4300 ff. und DIN EN ISO 16000 ff. erfolgen und von einem akkreditierten Prüfinstitut mit Probenahmeakkreditierung nach DIN EN ISO/IEC 17025 ausgewertet werden. Sonst ist der Aufwand vor Gericht wertlos und hat keine Beweiskraft.
Wichtig ist, auf die richtige Raumtemperatur und das Lüftungsverhalten zu achten. Bei zu niedrigen Raumtemperaturen liegen die Ergebnisse vieler Schadstoffe zu niedrig, ist es sehr heiß im gemessenen Raum, sind die ermittelten Werte höher als bei Normaltemperatur.

Um die Schadstoffbelastung unter sogenannten Ausgleichsbedingungen zu ermitteln, wird der Raum etwa 15 Minuten intensiv gelüftet, anschließend verschlossen und dann nach acht Stunden die Raumluftmessung durchgeführt. Alle klimatischen Bedingungen, auch die Funktion einer Lüftungsanlage, müssen ermittelt und im Prüfbericht aufgeführt werden.
Fehlen diese, ist die Messung kaum etwas wert. Erst auf dieser Basis sind Empfehlungen für weitere Messungen zum Beispiel von Material oder Hausstaub und Entscheidungen für Sanierungsmaßnahmen sinnvoll.
Auch auf die Messgeräteausstattung und die Ausbildung des Dienstleisters muss man achten. Billige Geräte geben lediglich Hinweise, das gilt auch für Messstäbchen zum Selbermessen.
Fazit
Lieber vorher informieren und Qualität beauftragen, als hinterher für teures Geld eine zweite Messung zu bezahlen.