
Neubauten sind heute weitgehend dicht. Das spart Heizenergie, sorgt im Alltag aber oft für schlechte Luft, weil das Lüften vergessen wird. Ein Lüftungssystem schafft Abhilfe.
Die Haushülle luftdicht zu machen galt lange als eines der schwierigsten Gewerke. Doch offenbar gelingt es den Handwerkern immer besser, Gebäude auf diese Art vor Wärmeverlusten zu schützen. Inzwischen sind Neubauten daher so dicht, dass der nötige Nachschub an Frischluft, nach DIN 1946 mindestens 30 Kubikmeter pro Person und Stunde, bei geschlossenen Türen und Fenstern längst nicht mehr gesichert ist. Oft noch nicht einmal die sogenannte „Lüftung zum Feuchteschutz“, also zum Schutz vor Schimmelbefall, die erste und anspruchsloseste von vier dort definierten Lüftungsstufen. Sie muss ohne menschliches Zutun gewährleistet sein. Zu jedem Bauprojekt gehört seit 2009 die Anfertigung eines Lüftungskonzeptes gemäß Teil 6 der DIN 1946. Aufgrund solcher Daten wie Konstruktionsweise und Windverhältnisse am Standort wird ermittelt, mit welchem natürlichen Luftaustausch gerechnet und wie ausreichende Luftqualität gesichert werden kann. Haushersteller, Bauträger und Architekten tendieren heute jedoch ohnehin dazu, von Anfang an die kontrollierte Lüftung mit Wärmerückgewinnung einzuplanen.
Alles geregelt mit dem Lüftungssystem
Am effizientesten arbeitet das zentrale Lüftungssystem, bestehend aus einem Zentralgerät mit Ventilator und Wärmetauscher sowie zwei Kanalsystemen. Eines zieht verbrauchte Luft aus Bad, WC und Küche ab, ein anderes leitet die frische, unverbrauchte Luft in Schlaf- und Aufenthaltsräume. Durch Überströmöffnungen in Türblättern und Wänden gelangt die Frischluft auch in die Ablufträume. Im Zentralgerät laufen beide Kanalsysteme zusammen, ohne dass die Ströme sich vermischen. Die mit Feuchte, Staub, Schadstoffen aus Möbeln, Teppichböden und Textilien (beispielsweise Formaldehyd) und mit (vom Menschen ausgeatmetem) CO2 belastete Raumluft wird entsorgt, überträgt vorher jedoch im Wärmetauscher ihre Wärme zu 80 bis über 90 Prozent auf die von draußen importierte Frischluft. Aufgabe des Fachplaners oder des Installateurs ist es, auf Basis des Lüftungskonzeptes die Anlage genau auf Raumvolumen, Grundriss und den Bedarf der Bewohner zuzuschneiden. Nur wenn die Leistung der Ventilatoren, die Größe und der Umfang des Leitungssystems sowie Art und Verteilung der Luftauslässe und Ansaugstutzen passen, werden Zugerscheinungen vermieden und Geräuschentwicklungen minimiert, ebenso die eventuelle Lufttrockenheit im Winter. Denn sogenannte Enthalpie-Tauscher sind in der Lage, auch die Feuchtigkeit der verbrauchten Raumluft an die einströmende Frischluft abzugeben. Je nach Standard oder Modell können die Anlagen, gesteuert über Feuchte- und CO2-Sensoren, selbstständig für die gewünschte Luftqualität sorgen. Dennoch sollte man sich nach der Montage bzw. bei der Inbetriebnahme unbedingt in Bedienung und Wartung einweisen lassen, inklusive dem Wechsel und der Reinigung der Filter. Schon weil es, so das Fazit zufriedener Nutzer, einfach ein gutes Gefühl ist, die Technik zu beherrschen. Anstatt umgekehrt.
Ein Gerät für alles
für alles Für Häuser mit extrem niedrigem Energiebedarf, etwa für Passivhäuser, gibt es spezielle, sogenannte Integral-Lüftungsgeräte, die dank einer integrierten Wärmepumpe auch gleich die Wärme für Heizung und Warmwasser erzeugen. Hier bietet sich zudem noch ein vorgeschalteter Erdwärmetauscher an: Wenn die Außenluft vor dem Eintritt in das Zentralgerät durch ein in frostsicherer Tiefe verlegtes Rohr geleitet wird, kann sie im Winter ein paar Grad Celsius aufnehmen, genug, um den Wärmetauscher frostfrei zu halten. Im Sommer ergibt sich ein leichter Kühleffekt. Ein Filter draußen vor dem Ansaugrohr stoppt Insekten, Staub, aber auch Pollen. Regelmäßige Wartung und Reinigung vorausgesetzt, dürfen nicht nur Allergiker eine wesentlich verbesserte Luft- und Lebensqualität erwarten.
Frische Luft im Altbau
In einem nach Mindeststandard gedämmten und abgedichteten Gebäude kann auch die preiswertere zentrale Abluftanlage durchaus Sinn machen. Aus Bad, WC, Küche saugt sie die verbrauchte, feuchte Luft zentral ab. Die Frischluft gelangt hierbei nicht über ein separates Rohrsystem in die Räume, sondern durch spezielle Einlässe in den Außenwänden der Aufenthaltsräume und Schlafzimmer. Idealerweise sind die Außenwanddurchlässe in Heizkörpernähe angebracht, so- dass sich die durch Unterdruck einströmende Frischluft erwärmen kann. Zentrale Abluftanlagen bieten sich besonders bei der Modernisierung an, da kein separates Zuluftsystem verlegt werden muss. Eine zentrale Vorwärmung der Frischluft ist allerdings nicht möglich, wohl aber die Abwärmenutzung durch eine Wärmepumpe, z. B. zur Warmwasseraufbereitung.
Weitere Infos
Was kostet das?
Abluftanlage mit bedarfsgerechter Regelung: ca. 1.500 bis 2.000 Euro/ jährliche Energieeinsparung 5 kWh/m²
Abluftanlage mit Wärmepumpe: ca. 10.000 bis 13.000 Euro/ jährliche Energieeinsparung 15 kWh/m²
Lüftungssystem mit Wärmerückgewinnung: ca. 5.000 bis 7.000 Euro/ jährliche Energieeinsparung 20 kWh/m²
Wohnungslüftung mit Wärmerückgewinnung über Wärmepumpe: ca. 10.000 bis 13.000 Euro/ jährliche Energieeinsparung 25 kWh/m²

Die verbrauchte Luft wird aus den Feuchträumen abgezogen und erwärmt die kühle Frischluft, die vorgewärmt in die Wohnräume strömt. Foto: Viessmann
Infotipp
Mehr zum Thema finden Bauherren und Hausbesitzer unter dem Verbraucherportal des Bundesverbandes der Deutschen Heizungsindustrie (BDH) und des Fachver- bands Gebäude-Klima e.V. (FGK).
Ein neues Informationsportal dieser beiden Verbände informiert darüber hinaus schwerpunktmäßig über allgemeine Hygieneanforderungen, Wartungsintervalle, Filtertausch, Instandhaltung und die korrekte Planung von einem Lüftungssystem.
Praxistipp
Falls der Aufwand für die nachträgliche Installation einer zentralen Abluftanlage zu groß erscheint, bieten sich dezentrale Lüftungssysteme an, die raumweise eingesetzt werden und kein Luftverteilsystem benötigen. Die Außenluft und die Fortluft werden direkt hinter dem montierten Lüftungsgerät durch – je nach Modell – eine oder zwei Wandöffnungen angesaugt und abgeführt. Hier hält sich der Montageaufwand in Grenzen. Dezentrale Geräte gibt es auch mit Wärmerückgewinnung, die allerdings nicht ganz die hohen Wirkungsgrade einer zentralen Be- und Entlüftungsanlage erreichen, sowie seit neuestem auch mit Feuchterückgewinnung.
