Der Bauhaus-Stil ist in aller Munde. Jetzt hat der Architekt Hamid von Berg-Hadjoudj sich bewusst diesem Trend entgegengestellt und ein modernes Einfamilienhaus entworfen, dass „eher Skulptur ist als reines Gebäude“.
Bauhaus neu interpretiert: Dieses Einfamilienhaus im Ausstellungspark World of Living bietet dank des hohen Kniestocks und der 10 Grad Neigung des Pultdachs ein komfortables Raumgefühl. WeberHaus

Kubisch, schnörkellos und funktional – so kennt man das klassische Bauhaus. Trotz seiner Geradlinigkeit bietet der Architekturstil aber auch Überraschendes. Wir stellen einige Häuser mit ungewöhnlicher Bauhaus-Architektur vor.

Würfelförmige, ineinander verschachtelte Bauteile, ein Flachdach und ein reduziertes Design in schlichtem Weiß. So stellen sich die meisten ein Bauhaus-Einfamilienhaus vor. „Typisch Bauhaus sind in Bezug auf die Architektur kubische Formen, die klare Linienführung und der Verzicht auf Schnörkel“, erklärt Architekt Hamid von Berg-Hadjoudj.

Das Besondere an Bauhaus sei die nüchterne Formengestaltung. „Der Bauhausstil stützt sich darauf, dass weniger manchmal mehr ist, was sich in schlichten und schnörkellosen Formen widerspiegelt“, betonen auch die Profis von Architekten Spiekermann.

Haus im Bauhausstil mit Pool
Das Einfamilienhaus in Hanglage sorgt mit seiner offenen Geometrie für Aufsehen. Die hellgraue Aluminium-Fassade mit Coil-Coating-Beschichtung passt sich perfekt der ländlichen Umgebung an. Foto: Prefa

Die Ursprünge von Bauhaus

Das Bauhaus war eine Schule für Kunst und Architektur, 1919 von Walter Gropius in Weimar gegründet. Unterrichtet wurden unter anderem Malerei, Grafik, Fotografie und Bühnenkunst. Kunst und Handwerk sollten dabei als Einheit begriffen werden, alles unter dem Leitsatz: Die Form folgt der Funktion. Überflüssiges wurde also ausgeklammert, die Ästhetik war durch den Verwendungszweck geprägt.

„Kern dieser Idee war es, Kunst und Handwerk miteinander zu vereinen und für jeden zugänglich zu machen“, erläutert Hamid von Berg-Hadjoudj vom Büro Architektur Pro in Bühl. Mithilfe industriell vorgefertigter Bauelemente entstanden sachlich gestaltete Häuser mit hohem Gebrauchswert, die auch für Menschen mit kleinerem Budget bezahlbar waren.

Mal Goldtafeln, mal Panorama-Glasfenster: Das Doppelhaus „Kuben x 4“ wirkt dank unterschiedlicher Materialen sehr lebendig. Foto: Architekten Spiekermann

Typisch Bauhaus:

  • kubische Formen
  • Flachdach
  • gerade Linien
  • schwarz-weiße Optik
  • minimalistischer Stil
  • große Glasflächen

Die Bauhaus-Schule, die später nach Dessau umsiedelte, wurde 1933 von den Nationalsozialisten verboten und existierte damit nur 14 Jahre. Ihre Ideen wirken jedoch bis heute nach und wurden im Lauf der Jahrzehnte von zeitgenössischen Architekten neu interpretiert.

So entwickelte sich Bauhaus zu einer der einflussreichsten architektonischen Stilrichtungen Deutschlands. Seit dem 100. Jubiläum im Jahr 2019 wurde das Konzept sogar noch beliebter. Denn gerade in den zurückliegenden zwei Jahren entdeckten immer mehr Menschen die Reduzierung auf das Wesentliche für sich.

Dieses asymmetrische Einfamilienhaus im modernen Bauhausstil verlangte nach einer einzigartigen Sonnenschutzlösung. Die Schacht-Markisen lassen sich einfahren, sodass sie komplett in der Fassade des Hauses verschwinden. Foto: Warema

Wie wird Bauhaus heute interpretiert?

„Bauhaus ist viel mehr als ‚Quadratisch, praktisch, gut’“, betont von Berg-Hadjoudj. Auch wenn der rechte Winkel eines der wichtigsten Bauhaus-Merkmale sei, lasse sich die Tradition aufbrechen. Und überhaupt: Den einen Bauhausstil gebe es nicht. „Es handelt sich hierbei vielmehr um Stilrichtungen, die aus der ursprünglichen Idee abgeleitet wurden“, erklärt der Profi.

Der Einfluss von Bauhaus ist jedoch so bedeutend, dass der Begriff heute mit der Moderne in Architektur und Design gleichgesetzt wird. Die Erkennungsmerkmale sind weiterhin Geradlinigkeit und Funktionalität, aber es wird zunehmend experimentiert, beispielsweise mit außergewöhnlichen Fassadengestaltungen und unterschiedlichen Materialien.

Rückseite des Vollholzhauses mit Poolbereich - Foto: holzius/Michael Liebert
Naturnahe Bauhaus-Architektur: Das klar strukturierte Vollholzhaus setzt einen schönen Gegenpol zum wilden Garten. Foto: holzius/Michael Liebert

Verglaste Fassaden, asymmetrischer Grundriss

Verglaste Fassaden mit großzügigen Fensterfronten seien sehr gefragt, berichtet der Architekt aus seinem Praxisalltag. „Die Stützen des Hauses werden nach innen verlegt, sodass viel mehr Glas als zuvor verwendet werden kann.“ Die klassische Würfelform lässt sich mit einem asymmetrischen Gebäudegrundriss über mehrere Etagen kombinieren.

Auch zur weißen Putzfassade mit dunklen Fenstern gibt es Alternativen. Farbflächen in dunklen Grautönen oder in den Grundfarben Gelb, Blau und Rot erinnern ebenfalls an die Bauhaus-Schule.

Und es muss auch nicht immer das Flachdach sein. Ein Pultdach zum Beispiel sorgt ebenfalls für Bauhaus-Flair. „Indem das Dach mit dem gleichen Material wie die Fassade ausgeführt wird, mit einer Klarheit an Traufe und Ortgang, jedoch ohne Dachüberstand, erzielt man einen stark skulpturalen Charakter des Baukörpers“, meint Hamid von Berg-Hadjoudj.


Skulptur statt Bauhaus: Wie ein Architekt gegen den Strom schwimmt.

Für WeberHaus entwarf Hamid von Berg-Hadjoudj ein Einfamilienhaus mit Pultdach, mit dessen Formensprache sich der Architekt der typischen Bauhaus-Optik widersetzte. „Es ist eher eine Skulptur als ein reines Gebäude.“

Foto: WeberHaus

Ob Stadtvilla oder Bungalow, moderne Bauhaus-Interpretationen lassen sich individuell an die Bedürfnisse und Vorstellungen der Bauherren anpassen. Auch mit Blick auf Energieeffizienz punktet die zeitlose Architektur.

Denn der Verzicht auf verspielte Elemente wie Gauben, Erker und Vorsprünge sorgt für eine reduzierte Außenfläche und damit für geringe Transmissionswärme­verluste. Damit ist das Bauhaus auch 100 Jahre nach seiner Gründung noch relevant.


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