
Einer Familie mit drei Kindern wird das Wohnhaus zu klein, man braucht mehr Platz. Anstatt eines Anbaus wird im Garten ein eigenes Haus für die drei errichtet. Für jeden Jugendlichen ein Turm, zentral gelegen die gemeinsame Küche und das Bad. Später kann der Holzbau auch vermietet werden.
Bauherren müssen immer häufiger mit geringerer Grund- und damit Wohnfläche auskommen, ein knappes Budget einhalten, möchten aber gleichzeitig ein Mehr an Wohnkomfort bekommen. Der Münchner Architekt Gert Bayer hat einem Ehepaar in einem kleinen Ort am Ammersee ein Holzhaus gebaut, dem man seine sparsamen Abmessungen nicht anmerkt. Auf dem Grundstück des bestehenden Einfamilienhauses entstand ein eigenes Wohngebäude für die drei jugendlichen Kinder des Bauherrn. Letztlich funktioniert das Haus aber auch für ein Ehepaar oder eine Familie mit Kind. Um den knappen Kostenrahmen einzuhalten, wurde auf einen Keller verzichtet, der im Verhältnis zum Nutzen vergleichsweise hohe Kosten verursacht hätte. Das flexible Haus könnte später auch als separate Wohneinheit vermietet werden.

Raum-Spar-Wunder
Statt großzügig mit Fläche umzugehen, wurde minutiös darauf geachtet, jede noch so kleine Ecke effizient zu nutzen. Beispielsweise ist unter der Treppe zwischen Erd- und Obergeschoss ein Schrank für Geschirr und Küchenutensilien eingebaut, der Raum beim Eingang wurde ebenfalls mit großen, raumhohen Einbauschränken versehen und die Holzkonstruktion für ein Küchenfenster dient gleichzeitig als Regalfläche.

Um Fläche zu sparen, gibt es in dem Gebäude praktisch keine reinen Erschließungsflächen; beim Badezimmer im Obergeschoss wurde dies perfekt umgesetzt, denn es dient gleichzeitig als zentraler Durchgangsraum. Die Sanitär und Elektroinstallationen werden raum- und kostensparend in einem einzigen Strang ins Obergeschoss geführt.

Die kompakte Bauform ohne komplizierte Dachformen, unnötige Überstände oder Erker wirkte sich deutlich kostensenkend aus, durch einen hohen Vorfertigungsgrad konnte eine sehr kurze Bauzeit realisiert werden, ein einfacher Schichtenaufbau der Wände hat sowohl Arbeits- als auch Materialkosten eingespart. Die Verwendung einheitlicher Bauteile, etwa bei den Fenstern, die mit denen bei einer anderen Baustelle baugleich waren, kam günstiger als viele unterschiedliche Formate und Ausführungen. Und bei der Auswahl des Parketts entschied man sich nach längerer Suche für einen günstigen Sonderposten.

Kleine Fläche – große Wirkung
Bei aller Effizienz und Sparsamkeit war es das Ziel von Architekt und Bauherr, die Kompaktheit hinsichtlich des Wohngefühls nicht als Beengtheit spüren zu lassen. Gesagt, getan: Beim Aufenthalt im Haus ist es kaum zu glauben, dass das Gebäude insgesamt nur eine Wohnfläche von 71 Quadratmetern aufweist – eine Folge der geschickten Raumorganisation mit nur wenigen Innenwänden, dafür aber vielen Durchblicken und Ausblicken nach draußen, die durch die großen Glasfenster ermöglicht werden.

Im Obergeschoss besitzt das wunderschöne Badezimmer sogar eine Dachverglasung, durch die man die Wipfel der großen Bäume im Blick hat. Die so erzielte optimale Helligkeit trägt ihren Teil dazu bei, das Wohngefühl angenehm zu gestalten und die Räume größer wirken zu lassen. Dabei sorgen drei kleine, jedem einzelnen Zimmer im Obergeschoss zugeordnete Dachterrassen sowie eine gemeinsame Terrasse auf der Westseite, die direkt von der Küche aus zugänglich ist, für eine Erweiterung des Wohnraums ins Freie, mit schönem Blick in den Garten. Die Anordnung der Teil-Baukörper um einen zentralen Mittelpunkt schafft Teil-Freiräume und intime Rückzugsbereiche. Neben dem zusammenhängenden Wohn-, Ess- und Kochbereich im Erdgeschoss stehen vier abgeschlossene Zimmer zur Verfügung, von denen augenblicklich im Grunde nur zwei – als Schlaf- und als Arbeitszimmer – voll genutzt werden. Das äußerst flächensparende Haus könnte dank der verbleibenden Raumreserven somit ohne Probleme ebenso von einer Familie mit ein oder zwei Kindern bewohnt werden, ohne dass ein Raum doppelt belegt werden müsste – mehr Raum effizienz ist kaum denkbar.

HAUS-DATEN
Bauweise: Holzständerbau
Wohn- und Nutzfläche gesamt: ca. 71 m² (zuzüglich ca. 17 m² Terrassen)
Bruttorauminhalt (BRI): ca. 207 m²
Baustoff: Holz
Fassade: Holzleisten (unbehandelte Lärche)
Dach: Flachdach, über dem Bad Zeltdach Heizenergiebedarf/Jahr: 85 kWh/(m²a)
Baukosten: ca. 161.000 Euro
Architekt: Gert Bayer
