Einer der schönen Schwabinger Altbauten, ein denkmalgeschütztes Mehrfamilienhaus, wurde in den letzten zehn Monaten umfassend modernisiert. Das Juwel dieser Sanierung ist die neu ausgebaute, luxuriöse Dachgeschosswohnung über zwei Etagen mit extravagantem Ambiente.

Wohnen im historischen Stadtgebiet ist beliebt. Gerade in München gibt es viele schöne und herrschaftliche Bestandsbauten, die gute Bausubstanz und schöne Details aufweisen. So auch hier: In einer der imposanten Schwabinger Straßen haben zwei innovative Architekten-Teams zusammen mit einem engagierten Bauunternehmer einerseits eine sensible Sanierung, andererseits einen modernen Dachgeschossausbau geschaffen.

Elegantes Dachgeschoss über den Dächern von München.
Foto: Matthias Rosin/www.actcom.de

Neues Wohngefühl in alten Mauern

Das denkmalgeschützte Gebäude besteht aus einem viergeschossigen Bau mit Unterkellerung und ausgebautem Dachgeschoss. Unausgebaut fristete aber bislang der Dachspitz ein Schattendasein – dies sollte sich im Jahr 2013 ändern. Mit dem Vorteil einer zusätzlichen Nutzfläche von 63 Quadratmetern haben die Planer um die Projektleiterin Anna Diehl vom Architekturbüro Johannes Schuh für die Bauherren ein Domizil der Extraklasse geschaffen. Von Mitte 2013 bis Mai 2014 ließ sie zusammen mit dem Dachbau-Experten. Johann Holzer, Geschäftsführer der Dach-in-München Ausbau GmbH (DIM) sowie Holzer Wohnbau GmbH, das Dach und den Spitzboden komplett umgestalten und die gewonnene Fläche mit der darunterliegenden Wohneinheit im dritten Geschoss verbinden, sodass insgesamt 150 Quadratmeter Wohnraum entstanden.

Moderner Wohnkomfort in alten Mauern.
Moderner Wohnkomfort in alten Mauern: Durch ein Maßnahmenpaket aus Bauwerksabdichtung, Dämmung, neuer Heizungsanlage sowie isolierverglasten Fenstern konnten die Auflagen der Energieeinsparverordnung erfüllt und der Standard eines KfW-Effizienzhauses 130 erreicht werden. Foto: Matthias Rosin/www.actcom.de

Im Vorfeld hatte die Wohnungseigentümergemeinschaft die technische Sanierung und Modernisierung des kompletten Bauwerks beschlossen. Dazu ließ man zunächst die vorhandene Bausubstanz konstruktiv und bauphysikalisch begutachten. Anfangs waren die schönen Vorzeichen nicht unbedingt gleich erkennbar. Der dunkle Dachboden und die altersbedingten Schäden, die man hier zunächst vorfand, waren beachtlich. „Das hat uns aber gar nicht weiter beeindruckt“, erzählt die Bauherrin, „wir wussten aus dem Bauch, dass das einfach toll wird, und hofften, nach Abschluss aller Maßnahmen, der besonderen Atmosphäre und dem Charme der Altstadt – mitten in München – zu verfallen“.

Die Loggia erweitert den Horizont und bietet einen traumhaften Blick auf die Dächer der bayerischen Metropole.
Die Loggia erweitert den Horizont und bietet einen traumhaften Blick auf die Dächer der bayerischen Metropole. Foto: Matthias Rosin/www.actcom.de

Beschädigtes Holztragwerk erneuert

In Absprache mit dem Denkmalamt musste zunächst das Dachgeschoss komplett entkernt werden, um eine erstmalige Nutzung mit nachträglichem Aufbau einer großzügigen Dach-Loggia möglich zu machen. Das historische Holztragwerk war beträchtlich angegriffen, sodass die bestehenden Dachsparren nicht tragfähig waren und teilweise oder ganz ersetzt werden mussten. „Bei der Ertüchtigung von Holztragwerken will man ja möglichst viel Bausubstanz erhalten“, erklärt Johann Holzer. „Wir haben mit den Architekten durch eine detaillierte Begutachtung des geschädigten Tragwerks die Grundlage für eine optimale Maßnahmenplanung erarbeitet. Da macht man sich lieber einen Gedanken mehr, als einen zu wenig.“

Mit viel kreativem Geschick und noch mehr harter Arbeit wurde aus der historischen Wand ein Schmuckstück, das heute dem Essplatz ein ganz besonderes Flair verleiht.
Mit viel kreativem Geschick und noch mehr harter Arbeit wurde aus der historischen Wand ein Schmuckstück, das heute dem Essplatz ein ganz besonderes Flair verleiht. Foto: Matthias Rosin/www.actcom.de

Aus statischen Gründen wurde im Dach die Firstpfette – der wichtigste waagerechte Träger in einer Dachkonstruktion – verstärkt und die Stützen aus Brandschutzgründen mit Gipskarton-Feuerschutzplatten belangt. Im gesamten Dach wurde mit Mineralwolle als Zwischensparrendämmung gearbeitet. Hinzu kam eine zusätzliche Aufsparrendämmung. Dabei hat man ganz exakt nach einem eigens vom Architekturbüro Johannes Schuh erstellten Brandschutzkonzept  gearbeitet. In der Dachspitzebene ließ man Dachflächenfenster innerhalb der Sparrenfelder einsetzen. Diese elektrisch betriebenen Dachflächenfenster sind alle mit Regensensor, außen liegendem Sonnenschutz und Fernbedienung ausgeführt. Sehr bequem, finden die Bauherren. „Wenn wir einmal vergessen, die Fenster zu schließen, sind wir trotzdem durch die Automatik vor Wasserschäden sicher. Man kann zudem auch regelmäßige Lüftungszeiten einstellen.“ In der Dachgeschossebene stellte man durch einen zusätzlichen Dachausschnitt von ca. 3,20 Metern Breite eine großzügige Loggia her, die jetzt ein besonderes Schmuckstück der Wohnung ist. Ein Flachdachaufbau mit Gefach- und Gefälledämmung ergänzt die eindrucksvolle Loge mit Blick über die Dächer Münchens.

Möblierung und Einbauten, wie hier im Badezimmer, wurden in enger Absprache mit der Bauherrin ihren Wünschen entsprechend ausgeführt.
Möblierung und Einbauten, wie hier im Badezimmer, wurden in enger Absprache mit der Bauherrin ihren Wünschen entsprechend ausgeführt. Dezent gemusterte Zementfliesen und helles Holz setzen harmonische Kontrapunkte im ansonsten ganz in Weiß gehaltenen Bad. Foto: Matthias Rosin/www.actcom.de

Decken und Wände

Bei den bestehenden Decken handelte es sich um Holzbalkendecken mit einem sogenannten Fehlboden. „Wir mussten die alten Holzbalken statisch ertüchtigen und den Fehlboden durch Dämmung ersetzen. Darauf haben wir gemäß Schallschutzkonzept einen neuen Fußbodenaufbau erstellt und somit einen deutlich höheren Schallschutz erreicht“, berichtet Anna Diehl. Die vorhandenen, nicht tragenden Innenwände wurden größtenteils abgebrochen und durch Leichtbauwände aus doppelt beplankten Fermacell-Gipsfaserplatten ersetzt. Eine neue Faltwerktreppe mit Tritt- und Setzstufen aus Eiche geölt und gewachsten Schwarzstahlwangen führt jetzt vom 87 Quadratmeter großen Wohnraum in das Obergeschoss. Die Wohnung im dritten Obergeschoss war bereits 2012 um- und ausgebaut worden. Aus Denkmalschutzgründen ließ man die stuckverzierten Decken unangetastet. Sämtliche Renovierungen bzw. ein kompletter Deckenaufbau wurden auf der Oberseite der Decke vorgenommen – also innerhalb der Wohneinheit – jedoch oben ausgeführt. Auf die neu ausgeführte Decke legte man ein Vollholz-Parkett in Eiche, das der Wohnung einen warmen und harmonischen Charakter verleiht.

Die Galerie wird als zusätzlicher Wohnbereich genutzt.
Die Galerie wird als zusätzlicher Wohnbereich genutzt. Sie erhält Tageslicht nicht nur über die Dachflächenfenster, sondern auch über die verglaste Trennwand zum Treppenhaus. Foto: Matthias Rosin/www.actcom.de

Kreative Ideen und Impulse

Die Bauherrin hat bereits aus jahrelanger Erfahrung ihre eigenen Vorstellungen eingebracht. „Ich bin ja von Haus aus sehr kreativ“, sagt sie. Nachdem der Altputz von allen Wänden entfernt worden war, kam ein wunderschöner, jedoch in Teilbereichen beschädigter Ziegelstein zum Vorschein. „Ich hatte hier meine eigenen Vorstellungen und nach Rücksprache mit der ausführenden Firma wurden zuerst die beschädigten Ziegelsteine fachgerecht demontiert und durch alte wieder neu gesetzt.

Des Weiteren wurde ein bestehender Wandteil komplett mit den vorhandenen Ziegelsteinen im Bereich der Treppe bis in die Forstebene neu aufgemauert, was im Anschluss durch die entsprechende Beleuchtung im Treppenaufgang einen tollen Kontrast zum Wohnbereich darstellt. Weitere anschließende Details wie eine wandgroße Fototapete ergänzen diese Wohnatmosphäre nach unseren Wünschen.“ Zunächst musste der Bestandsputz abgeschlagen werden, wodurch die alten Backsteine zum Vorschein kamen. Diese wurden gesäubert und der bestehende bröselige Mörtel ausgekratzt. Nach dem Neuverfugen mit Fugenmörtel ließ man diese imprägnieren, sodass die Flächen den Staub nicht so gut anhaften lassen und eine Reinigung problemlos möglich ist. „Ich bin sehr glücklich über dieses Ergebnis und die behutsame Vorgehensweise“, bestätigt die Bauherrin. „Viele der beauftragten Firmen haben besonders viel Feingefühl für die alte Bausubstanz gezeigt. Überhaupt – jedes Mal, wenn wir zur Baustelle kamen, war es hier tadellos aufgeräumt. Das habe ich auf anderen Baustellen auch schon anders gesehen – hier ein großes Lob an die Bauleitung.“ Die historischen Holzkonstruktionen wurden aufbereitet und konnten im Dachspitz teilweise sichtbar belassen werden, was die Bauherren sehr freut.

In Absprache mit dem Denkmalamt wurden funkgesteuerte, 3-fach verglaste Roto-Dachflächenfenster realisiert.
In Absprache mit dem Denkmalamt wurden funkgesteuerte, 3-fach verglaste Roto-Dachflächenfenster realisiert. Automatische Verschattungs- und Lüftungselemente werden zentral in Abhängigkeit von der Außentemperatur gesteuert. Foto: Matthias Rosin/www.actcom.de

Haustechnik komplett erneuert

Als Haustechnik für Heizung, Warmwasser und Kühlung wurde ein vom Gebäude unabhängiges energieeffizientes Luft-Wärmepumpen-System gewählt. Aufgrund der vorherrschenden beengten Platzverhältnisse und im Hinblick auf den Denkmalschutz ließ man die moderne Anlage speziell für diese Anwendung in die Wohnung einpassen. Im Gesamtsystem macht man mit Kälte Wasser heiß: ein Kälte- sowie ein Heizungsspeicher und ein Hydraulikmodul wurden kombiniert. Dabei erfolgt die Warmwasserbereitung über einen Frischwasser-Wärmetauscher. Die innovative Technologie bewirkt ein angenehmes Wohnklima anwarmen wie an kalten Tagen. Ein oberflächengleiches Plattensystem mit integrierten Rohren dient in den Dach- und Deckenflächen zur Heizung und Kühlung. Es befindet sich in der Ebene der Gipsfaserplatten und wird dadurch nicht wahrgenommen. Mit guter Planung kommt man zu mehr Komfort und frischer Luft: Die neu installierte zentrale Komfort-Lüftungsanlage sorgt – abhängig von der jeweiligen Raumluftqualität – stetig für angenehm frische Luft und das bei einer hoch effizienten Wärmerückgewinnung.

Zur Steigerung der Behaglichkeit gibt es in den Bädern zusätzlich eine elektrische Fußbodenheizung unter den Zement-Fliesen. Ein besonderes Highlight ist die Sauna. Es erwies sich jedoch als knifflige Aufgabe, den Einbau nebst Technik und Installationen in dem begrenzten Dachvolumen unterzubringen. Das war ziemlich kompliziert, aber schließlich wurde der Saunaeinbau gemeinsam mit der Hausherrin so gut durchgeplant, dass jetzt bei dem geringen Platzangebot eine großzügige Sauna entstanden ist. Die Liege- und Sitzbänke sind aus Abachiholz gefertigt, das sich durch eine sehr glatte Oberfläche auszeichnet. Dabei sorgt die geringe Dichte für eine niedrige Wärmeleitfähigkeit, wodurch sich das Holz sehr angenehm anfühlt. Die reihum in die Wände eingepassten Schrankarbeiten sind präzise gefertigt und passen exakt in die Schrägen und an die Wände. Nach einigem Experimentieren ist nun auch die Einrichtung komplett. „Wir sind sehr glücklich über die Entscheidung, hier zu wohnen“, sagen die Bauherren. „Insbesondere die ungewöhnlichen Ein und Ausbauten haben wir uns sehr genau überlegt. Nach einigen Änderungen haben wir das erreicht, was wir eigentlich wollten – eine tolle und angenehme Atmosphäre.“
Text: Eva Mittner, www.zmh.com

Umbau-Daten

Objekt: Sanierung Altbau-Dachgeschoss über zwei Etagen
Wohnfläche: 150 m²
Dach: Mansarddac
Primärenergiebedarf: 60,37 kWh(m²a)
Architekt: Architekturbüro Johannes Schuh, München
Dachausbau: Holzer Wohnbau bzw. Dach-in-München Ausbau GmbH
Elektro: Lichtservice Eichmeier GmbH
Heizung & Lüftung: Solaris Haustechnik
Treppen und Stahlgeländer: diefusion
Bodenbeläge: Pascal van de Rijdt
Badeinrichtung: Schreinerei Joachim
Malerarbeiten: Haidacher Farbe & Technik
Schallschutzvorgaben und Prüfung: Müller BBM
Fassade/Lift/TH/Außenanlagen: Gloor & Gössel Architekten

Grundriss
© Architekturbüro Johannes Schuh/Holzer Wohnbau, München