
Im Neubau leistet man sich heute weit mehr Fensterfläche als noch vor einer Generation. Der Wärmeschutz ist dabei kein Problem mehr, aber in Sachen Einbruchschutz von Fenstern wäre noch „Luft nach oben“.
Die Polizeistatistik spricht eine deutliche Sprache: Seit 2009 ist die Zahl der Einbrüche um mehr als 30 Prozent gestiegen. Eingebrochen wird verstärkt in den Großstädten und mehr als früher von organisierten Banden. Aber auch die, so die Experten von der Kriminalprävention, gingen offenbar am liebsten den Weg des geringsten Widerstandes. Es sei daher ein Fehler zu glauben, dass man gegen die Panzerknacker AG nichts tun könne.

Angriffspunkt Fenster
Nach den Fallanalysen der Kriminaler sind die schweren Jungs meist mit leichtem Gerät unterwegs, mit Schraubenziehern und Keilen. Nur ausnahmsweise spähen sie bestimmte Gebäude aus, nutzen eher Schwachstellen, wo sie sie finden. Fenster sind dabei ihre bevorzugten Angriffsziele. Mit dem Schraubenzieher wird zwischen Blend- und Flügelrahmen angesetzt, um den Flügel auszuhebeln. Dabei versuchen die Täter nach Möglichkeit, die Scheibe intakt zu lassen, so Jürgen Benitz-Wildenburg vom Institut für Fenstertechnik in Rosenheim (ift Rosenheim GmbH), um Lärm und sichtbare Schäden zu vermeiden. Wenn alles Hebeln nichts fruchtet, entscheiden sie aus der Situation heraus, schlagen entweder doch noch die Scheibe ein oder ziehen weiter zum nächsten Haus.

Resistance Class
Haben sie Pech, hat man auch dort vorgesorgt, mit „einbruchhemmenden Maßnahmen“ – von „Einbruchschutz“ redet die Fensterbranche ungern. In der europäischen Norm DIN EN 1627 werden die Fenster Widerstandsklassen zugeordnet, den „Resistance Classes“ oder RC – von RC 1, nicht gesichert, bis RC 6, nur von Spezialisten mit Werkzeug wie Kuhfuß, Bohrer, Stichsäge und Winkelschleifer zu knacken, in maximal 20 Minuten. Die Kriminal -polizei empfiehlt im Wohnungsbau Produkte der Resistance Class 2, die Einbrechern mit einfachem Werkzeug gut drei Minuten stand halten. Laut Jürgen Benitz-Wildenburg jedoch wird aufgrund des erkennbar professionelleren Vorgehens der Szene immer öfter RC 3 nachgefragt. In dieser Klasse leisten die Fenster bereits gute fünf Minuten Widerstand. Das mag nach wenig klingen, bedeutet aber für die Ganoven, für die jede Sekunde zählt, echten Stress und erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass sie vor dem Erreichen des Ziels aufgeben.

Widerständig
Gegen Aushebelversuche ist schon eine Rundumverriegelung des Flügelrahmens mit Pilzzapfen ein wirkungsvolles Mittel. Die Zapfen greifen wie Widerhaken in die Schließbleche des Blendrahmens, das heißt, der Flügelrahmen krallt sich förmlich im Blendrahmen fest. Die nächste „Eskalationsstufe“ ist – siehe oben – der Angriff auf die Scheibe, der allerdings bei den heute im Neubau häufig eingesetzten Drei-Scheiben-Verglasungen nicht gleich zum Erfolg führt, noch weniger bei RC-2- Fenstern, denn die sind mit Sicherheitsglas (der Klasse P4A) versehen. Gibt das Glas doch nach, wartet unter Umständen neuer Frust: ein abschließbarer Fenstergriff, üblich bei RC-3-Produkten. Und Beschläge mit Aufbohrschutz rauben dem mit Bohrmaschine bewaffneten Täter wieder kostbare Zeit.

Alarmanlagen für den Einbruchschutz
Unter Fachleuten gilt der konservative Grundsatz „Mechanik vor Elektrik“. Dennoch können die elektrischen Sicherungen sinnvolle Ergänzung der mechanischen sein. Eine Alarmanlage, verbunden mit dem Glasbruchoder Fensterkontaktmelder, jagt die Angreifer in der Regel in die Flucht. Auch eine Dauerbeleuchtung im Bereich der Keller- und Erdgeschossfenster hat bei Abwesenheit der Bewohner nach Erfahrung von Experten durchaus abschreckende Wirkung.

Korrekter Einbau
Die beste Sicherheitstechnik nützt allerdings nicht, wurde sie nicht korrekt eingebaut. Ob Alarmanlage, ob Fenster, als Bauherr muss man dafür sorgen, dass ein qualifizierter Fachbetrieb diese Aufgabe übernimmt, und sich anschließend unbedingt die Montagebescheinigung aushändigen lassen. Die man, sollte doch etwas passieren, der Versicherung präsentieren kann.
