
Gebäude können ihre Bewohner krank machen. Ursachen sind meistens Belastungen der Raumluft, die von modernen Baustoffen ausgehen. Manchmal kommt man ihnen mit sanften Methoden bei. Und manchmal nur mit radikalen.
Ein altes Gebäude ist für einen erfahrenen Architekten ein Archiv der Baugeschichte. Jede Epoche verrät sich mit ihren typischen Materialien und Bauweisen, die damals Mode oder einfach nur billig waren. Und ebenso mit ihren typischen Wohngiften.
Will man ein gesundes Haus für seine Kinder und sich, muss man die Schadstoffe nachhaltig beseitigen und darf sich anschließend keine neuen ins Haus holen.
Auch die Folgen von einzelnen Baumaßnahmen sind bei einem Haus mit Charakter schwer abzuschätzen. Leider werden immer wieder Fälle bekannt, die auf gut gemeinte, aber nicht durchdachte Sanierungsschritte zurückzuführen sind.
Außergewöhnliche Renovierungsbeispiele:
- Altbausanierung an der schönen Mainschleife.
- Boho statt Designerbude.
- Offener Wohn- und Essbereich dank Glas-Faltwand.
Klassisches Beispiel: Feuchtigkeit und Schimmel durch neue, gut gedämmte Fenster. Da hilft auch das gründliche Lüften nur bedingt, denn es bekämpft lediglich die Symptome, nicht die Ursache. Dies gilt auch für weitere bekannte Störfaktoren wie Elektrosmog oder sogenannte „VOCs“, also flüchtige organische Verbindungen in der Raumluft.
Um im Eigenheim gesund zu wohnen und sich dabei rundum wohlfühlen zu können, ist es wichtig, über eventuelle Gesundheitsgefahren sowie die jeweilige Lösung schon vor dem Hauskauf Bescheid zu wissen. Die gewonnenen Informationen erleichtern die Planung und Umsetzung der Altbausanierung, die immer im Gesamtkontext gesehen werden muss.
Wohngesund sanieren – vorab informieren
Bevor man sich an die Renovierung macht bzw. bevor man ein Haus erwirbt, sollte man das Objekt von einem geschulten Sachverständigen durchleuchten lassen, wie der Bauherren-Schutzbund empfiehlt.
Das Umweltbundesamt stellt Bauherren kostenlose Ratgeber zum Thema schadstofffreie Renovierung zur Verfügung, zum Beispiel die Gratis-Broschüre „Umwelt- und gesundheitsverträgliche Bauprodukte„. Die Verbraucherzentralen in den einzelnen Bundesländern bieten ebenfalls Beratung rund ums ökologische und gesunde Bauen und Renovieren.

Schadstoffe in der Luft entfernen
VOCs sind gasförmige Schadstoffe und Emissionen wie Formaldehyd, Ethanal oder Hexanal, die sich in geschlossenen Räumen ansammeln und bei den Bewohnern zu Beschwerden führen können.
Vor allem Kinder, aber auch Erwachsene verspüren dann häufig Kopfschmerzen, klagen über brennende Augen, sind müde und unkonzentriert. Reizungen der oberen Atemwege und der Schleimhäute sowie allergische Symptome treten ebenfalls auf. Empfindliche Personen reagieren bereits bei kleinsten Konzentrationen.
Besonders Formaldehyd kann zu Atemnot und Übelkeit führen. Es steht zudem im Verdacht, krebsauslösend zu sein. Das Wohngift wird über die Atmung aufgenommen und ist in vielen Baustoffen sowie in Farben, Lacken, Lösungsmitteln und Möbeln enthalten.

Bei der Sanierung sollten daher alle zweifelhaften Materialien entfernt und fachgerecht entsorgt werden. Für den anschließenden Innenausbau empfehlen Experten, natürliche und baubiologisch einwandfreie Werkstoffe zu verwenden. Hier steht heute eine ganze Reihe von nachweislich unbedenklichen Baustoffen zur Verfügung.
Aber auch Möbel und besonders natürlich Wand- und Bodenbelag sowie Anstriche sollten baubiologisch unbedenklich sein.
Altlasten loswerden
Vorrangige Aufgabe wird zunächst das Entsorgen gefährlicher Bau- und Ausbaumaterialien sein. Manchmal ist es ratsam, die Problemstoffe lediglich zu versiegeln oder mit Bauplatten einzukapseln, sodass die Wohngifte nicht in die Raumluft gelangen können.
So geschieht es oft mit schwer zugänglichen Asbest- oder mit Mineralwoll-Dämmungen der alten, noch nicht biolöslichen Sorte. Auf asbesthaltigen Bodenbelägen kann man z.B. neue Beläge aufbringen.

Mit bedenklichen Holzschutzmitteln behandelte Bauteile können versiegelt oder eingekapselt werden: Entweder werden sie mit Speziallack beschichtet, der Wassermoleküle passieren lässt, aber die PCP- oder Lindan-Moleküle nicht, der damit den Feuchteausgleich weiter zulässt. Oder man packt die Balken und Sparren in mit Aluminiumfolie kaschierte Gipsbauplatten ein.
Eingekapselt werden können auch mit Lindan- und PCP-haltigen Holzschutzmitteln behandelte Dachstühle, die zu ersetzen zu aufwendig wäre. Solche Arbeiten dürfen nur von Fachfirmen durchgeführt werden.
Holz-Fertighäuser der 1970er und 1980er, voller Formaldehyd ausgasender Platten, können innen mit Emissionssperren versehen werden, mit Keratin behandelten Vliesen oder Bauplatten, die Formaldehyd und andere VOC nicht nur aufnehmen, sondern abbauen (Schafwollteppiche waren Forschern durch diese erstaunliche Fähigkeit aufgefallen, die auf das Eiweiß Keratin im Schafshaar zurückgeht).
Ausbauplatte bekämpft Schadstoffe
Was viele nicht wissen: Es gibt mittlerweile Gipsfaser-Platten, die aktiv Schadstoffe bekämpfen. Sie bestehen aus recyceltem Papier, Gips und Wasser, die unter hohem Druck zu stabilen und geruchsneutralen Bauplatten gepresst werden.
Die gesunden Ausbauplatten können VOCs und unangenehme Gerüche aus der Luft filtern und unschädlich machen. Formaldehyd beispielsweise wird fast vollständig abgebaut.

Möglich wird dies durch eine doppelseitige Oberflächenbeschichtung mit einem Wirkstoff auf Keratinbasis. Dieser bindet die Schadstoffmoleküle unlösbar an sich und wandelt sie in einem natürlichen Prozess so um, dass sie dauerhaft unschädlich sind.
Die Wirkung ist bewiesen: „Die Schadstoffreduktion ist nicht allein im Prüflabor messbar, sie führt auch unter realen Bedingungen zu spürbaren Effekten“, so Dr. Hans-Ulrich Krieg, technischer Leiter des eco-Instituts über das Produkt „Fermacell greenline“. Auch unter Anstrichen und Wandbelägen behalten die Gipsfaser-Platten ihre Fähigkeit, und das über viele Jahre. Sie leisten damit einen aktiven Beitrag zu besserer Raumluft und damit zur Wohngesundheit.
Radikale Sanierungslösung
Mit PAK- und asbesthaltigen Baustoffen belastete Massivhäuser kann man teilentkernen und dabei die Altlasten entfernen lassen. Diese Arbeit sollte wie die Fertighaussanierung Aufgabe von RAL-zertifizierten Spezialunternehmen sein, die nach den jeweils gültigen TRGS vorgehen, den Technischen Regeln für Gefahrstoffe.
Marcel Schröder vom Deutschen Abbruchverband erklärt, worauf man hier achten muss: „Nicht jeder Betrieb kann das ganze Spektrum abdecken. Wer aber das Kürzel AK in seinem Zertifikat führt, kann mit Schadstoffen umgehen. Das steht für ‚Abbruch in kontaminierten Bereichen‘.“

Viele führen sowohl den kontrollierten Rückbau als auch die Sanierung aus. Aber eben auch den Totalabbruch, falls angezeigt. „Etliche Häuser aus den fünfziger- bis siebziger Jahren lassen die Erhaltung oft fragwürdig erscheinen“, meint der Experte.
Eine nicht mehr schweigende Mehrheit von Bauingenieuren und Architekten sieht das genauso – Abbruch und Ersatzneubau seien am Ende günstiger als die Sanierung vieler Gebäude der Nachkriegszeit mit ihren typisch kleinräumigen Grundrissen, erst recht inklusive Schadstoff-Therapie. Für einen Menschen ist keine Therapie zu teuer, für ein krankes Haus, ein „Sick Building“, bisweilen schon.
Diese Gütesiegel sollte jeder Bauherr kennen.
Neuaufbau ohne Schadstoffe
Im Zuge des neuerlichen Innenausbaus sind Vorsicht und Weitsicht geboten. Selbst wenn man keine Eigenleistung einbringen will, die Einkaufsliste – Farben und Lacke, Bodenbeläge und Tapeten, Einbaumöbel etc. – sollte man mit Bedacht erstellen.
Und zwar anhand der Empfehlungen des Umweltbundesamtes und natürlich anhand der zahlreichen Gütezeichen und Labels.