
Was zeichnet ökologische Wandfarbe aus? Woran erkennt man eine echt nachhaltige Wandfarbe? Und kann man in einem frisch gestrichenen Zimmer schlafen? Wir haben bei einem Experten nachgefragt.

Blau? Grün? Beides? Oder doch lieber Gelb? Bei der Wandgestaltung gibt es viele Möglichkeiten. Bei der Auswahl der Farben spielen nicht nur der persönliche Geschmack und Wohnstil eine Rolle, sondern auch das richtige Produkt.
Insbesondere Allergiker, für die ein angenehmes Raumklima entscheidend ist, sollten sich die Verpackungsdetails von Wandfarben genau durchlesen. „Mehr als 95 Prozent der in Deutschland verkauften Wandfarben bestehen aus synthetischen Inhaltsstoffen auf Erdölbasis. Diese sogenannten Acrylate oder auch Acetate sowie lösemittelhaltige Inhaltsstoffe haben in einer Farbe aus unserer Sicht nichts zu suchen“, gibt Felix Dannich, Gründer des Wandfarben-Start-ups Mynt, zu bedenken.

Details bei den Inhaltsstoffen beachten
Welche Inhaltsstoffe dürfen in ökologischen Wandfarben auf keinen Fall enthalten sein? „Als Käufer einer Wandfarbe sollte man genau auf die Deklaration der verwendeten Materialien auf der Verpackung oder auf die entsprechende Beschreibung im Internet achten. Wenn die beschriebenen Inhaltsstoffe enthalten sind, sollte man lieber die Finger davon lassen“, empfiehlt der Experte für ökologische Wandfarbe.
Doch einige Hersteller verschleiern die Inhaltsstoffe oder haben keine Volldeklaration. Sogenanntes Greenwashing ist ein Problem. Woran erkennt man also eine nachhaltige, ökologische Wandfarbe? „Eine echt nachhaltige Wandfarbe besteht aus natürlichen und biologischen Inhaltsstoffen“, betont Felix Dannich.
Diese Farben sind nicht nur in Bezug auf die Herstellung und die Entsorgung besser für die Umwelt als herkömmliche Produkte. „Sie sind in der Regel auch atmungsaktiv und sorgen daher für ein besseres Raumklima. Echt nachhaltige Wandfarben hinterlassen auch keinen chemischen Geruch, wie das die meisten anderen Farben tun.“
Felix Dannich gründete gemeinsam mit Mark Shif das nachhaltige Wandfarben-Start-up Mynt.
Das Mainzer Unternehmen verwendet in seiner Farbrezeptur laut eigenen Angaben ausschließlich natürliche, vegane und vollständig biologisch abbaubare Inhaltsstoffe.
Ideale Wandfarbe für Innenräume
Für Innenräume besonders geeignet sind Wasser-basierte Wandfarben mit Bindemitteln aus biologischen Inhaltsstoffen. „Sie riechen neutral und besitzen auch atmungsaktive Eigenschaften, was zu einem besseren Luftaustausch führt“, erklärt der Mynt-Gründer.
Bei Naturfarben wird beim Bindemittel auf Inhaltsstoffe aus Pflanzen gesetzt, die Farbpigmente sind vornehmlich mineralisch. Entsprechend kommen bei Naturfarben hauptsächlich natürliche, nachwachsende und mineralische Rohstoffe zum Einsatz.
Bio-basierte Wandfarben, die ohne Lösemittel auskommen, sind absolut unbedenklich. Man kann also ohne Weiteres in einem frisch gestrichenen Zimmer schlafen. „Bei diesen Farben muss das Zimmer noch nicht mal extra gelüftet werden“, betont Felix Dannich.
Eine Ausnahme seien Kalkfarben, die zwar natürlich seien, aber aufgrund des hohen pH-Werts bei nicht sachgemäßer Anwendung gesundheitsschädlich sein könnten, so der Farbexperte.

Bei biologischen Wandfarben liegt außerdem ein großer Vorteil in der Produktionskette, da bei der Herstellung aus natürlichen Rohstoffen deutlich weniger CO2 ausgestoßen wird, als dies bei der Produktion aus synthetischen, erdöl-basierten Wandfarben der Fall ist, erklärt Felix Dannich.
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Achten Sie auf eine nachhaltige Verpackung!
Nicht nur die ökologische Wandfarbe selbst, auch ihre Verpackung sollte möglichst nachhaltig sein. Worauf ist bei den Verpackungsmaterialien zu achten? „Auch hier müssen die Nutzer genau hinschauen. Denn ein Großteil der konventionellen Farbhersteller setzt für die Verpackung von Wandfarben auf Kunststoff-Gebinde, die bei der Herstellung einen hohen CO2-Fußabdruck haben“, meint Felix Dannich.
Es gibt aber auch nachhaltigere Lösungen durch die Verwendung beispielsweise von Ocean-Bound-Plastik. „Das bedeutet, dass für die Verpackung recyceltes Plastik verwendet wird, das ansonsten in die Weltmeere gelangt wäre und neu verarbeitet wird. Das ist natürlich eine deutlich umweltschonendere Alternative“, so der Farbexperte.

Orientierung mithilfe von Gütesiegeln
Verschiedene Gütesiegel geben Hinweise über die Nachhaltigkeit der Wandfarben. „Leider ist die Deklaration von ökologischen Wandfarben bisher nicht einheitlich geregelt„, so Felix Dannich.
Es gibt zwar verschiedene Siegel wie beispielsweise den Blauen Engel, die den Verbrauchern in Bezug auf die Umweltverträglichkeit der Farben Orientierung bieten. „Bei bestehenden Öko-Siegeln werden aber lediglich Mindeststandards überprüft„, sagt Felix Dannich. „Sie geben also keinen Aufschluss darüber, ob die Hersteller der Wandfarben Kriterien hinsichtlich der Nachhaltigkeit erfüllen. Das muss sich dringend ändern“, fordert der Experte für ökologische Wandfarbe.

Generell sind Wandfarben selbstverständlich nicht gesundheitsschädlich, wenn die Hersteller ihre Hausaufgaben erledigen und die zu ihren Produkten passenden Anwendungsempfehlungen geben. „Das Problem ist aber leider, dass viele Farben als unbedenklich beworben werden, obwohl es sehr wohl zur Ausdünstung von lösemittelhaltigen Substanzen kommen kann“, meint Felix Dannich. „Diese Ausdünstungen können dann zu Allergien bei den Verbrauchern führen.“
Auch Silikatfarbe ist nicht gesundheitsschädlich. Bei der Verarbeitung sollte man aber besser zusätzliche Schutzmaßnahmen ergreifen, meint Felix Dannich. „Der pH-Wert ist bei Silikatfarben nämlich höher als bei Dispersionsfarben. Bei der richtigen Anwendung ist das aber unbedenklich.“
5 Tipps für ökologische Wandfarben
Von Felix Dannich
- Wer eine möglichst nachhaltige Wandfarbe erwerben möchte, sollte sich die Inhaltsstoffe genau ansehen und darauf achten, dass man Farben ohne Acrylate und ohne Acetate erwirbt. Produkte von Herstellern, bei denen keine vollständigen Angaben zu Inhaltsstoffen gemacht werden, sollten grundsätzlich gemieden werden.
- Wer sichergehen möchte, dass eine Wandfarbe wirklich natürlich ist, sollte auf eine Wasser-basierte Wandfarbe setzen, die auch bei ihren Bindemitteln auf bio-basierte Inhaltsstoffe setzt.
- Kalkfarben und Silikatfarbe sind für Laien eher ungeeignet, da sie schwieriger in der Anwendung sind und zusätzliche Schutzmaßnahmen getroffen werden müssen.
- Nachhaltigkeitssiegel sind nur ein unzureichender Anhaltspunkt für Verbraucher, um einschätzen zu können, ob eine Wandfarbe tatsächlich nachhaltig ist oder nicht. Wer auf Nachhaltigkeit achten will, muss selbst recherchieren, ob ökologisches Handeln wirklich ein integraler Bestandteil der Philosophie des Anbieters ist.
- Günstigere Wandfarben haben oft eine deutlich geringere Deckkraft, da sie insgesamt weniger Bindemittel und viele Füllstoffe enthalten. Die Folge: Man spart zwar vermeintlich Geld beim Kauf, muss dann aber für eine ausreichende Deckkraft häufiger streichen. Hier sollte man eher auf die Reichweiten je Liter Farbe achten. So wird die vermeintlich teurere Farbe meist die günstigere – auch weil gegebenenfalls nur einmal gestrichen werden muss.