
Man muss nicht auf die Winterdepression warten, um zu merken, dass Licht ein Lebensmittel ist. Mehr noch, eine durchdacht geplante Beleuchtung schafft Wohnbehagen und Lebensfreude. Geht nicht ohne die gute, alte Glühbirne? Geht doch!
Als ein berühmter französischer Regisseur einmal einen Journalisten bei sich zu Hause empfing, wanderte er vor Beginn des Interviews erst im Raum umher und schaltete hier eine Stehlampe, da eine kleine Tischlampe an. Bis er zufrieden war, bis diese gewisse Atmosphäre geschaffen war, in der es sich entspannt, aber angeregt plaudern ließ. Unter anderem über die Beleuchtung, die Ausleuchtung auf dem Set, und die Wirkungen, die sie entfalten kann.
Warm, kalt, extrakalt

Filmschaffende wollen die Zuschauer in ihren Bann ziehen, Lichtplaner mit Kunst- und Tageslicht allen, die ihre Tage und Nächte in geschlossenen Räumen verbringen, das Leben angenehmer machen, und sie tun das mit Unterstützung der Wissenschaft. Die weiß inzwischen einiges darüber, wie Lichtfarbe und Lichttemperatur, wie Farbwiedergabe, Intensität und Lichtverteilung Psyche und Organismus positiv beeinflussen können. Nicht zu unterschätzen ist die Bedeutung von Farbe und Temperatur: Licht mit hohem Blauanteil, als kalt empfunden, fördert Aktivität und Aufmerksamkeit, ein hoher Rotanteil hingegen, der für eine Empfindung von Wärme sorgt, lässt Körper und Geist zur Ruhe kommen. Gemessen wird die Temperatur in Grad Kelvin. Anders, als man annehmen würde, ist Licht jedoch umso wärmer (mit umso höherem Rotanteil im Spektrum), je niedriger sie ist. Zwischen 2.700 und 3.300 Kelvin spricht man so von „warmweiß“, ab 6.500 Kelvin von „extra-kaltweiß“. Jetzt kommt es auf die raumweise richtige Auswahl der Leuchtmittel an. Das kühle,blaue, intensive Licht brauchen wir vormittags und tagsüber zum Arbeiten, dagegen spätnachmittags und abends, in Wohn- und Schlafzimmer, das warme. Die viel betrauerten Glühbirnen mit ihrem bekannt warmen Licht haben würdige Nachfolger in den hocheffizienten LEDs gefunden, ob als Retrofits in Birnenform, als Spots oder Leuchtbänder.

Farbwiedergabe
Kunstlicht kann die Farben von Teppichen, Tapeten und Kleidungsstücken verfälschen, wie jeder weiß, der sich schon einmal im Modehaus „verkauft“ hat. Am unangenehmsten fällt diese Verfälschung in der Küche und am Esstisch auf, wenn das, was zubereitet werden soll oder schon angerichtet ist, so gar nicht appetitanregend aussieht.

Die Fähigkeit einer Lampe zur natürlichen Farbwiedergabe wird im Farbwiedergabe-Index Ra angegeben: Optimal wäre die 100, doch schon ab 80 Ra kann man sich und seine Einrichtung präsentieren. Halogenlampen waren in dieser Disziplin lange Spitze, jetzt holen die LEDs auf.

Verteilung und Dosierung
Zur Lichtplanung gehört die durchdachte Platzierung der Quellen nach Art (Punktlicht, breit streuendes Licht, indirektes Licht, dimmbares Licht) und Stärke beziehungsweise Helligkeit. In der Küche müssen beispielsweise die Arbeitsflächen direkt und verschattungsfrei angestrahlt werden, durch Leuchten oder Lichtbänder unter Abzugshauben und Oberschränken. Im Wohnbereich ist entspannendes Grundlicht gefordert, wie es zum Beispiel Wandfluter und Deckenfluter spenden, bei Bedarf ergänzt durch Punktlicht, etwa an Leseplätzen. Zu beachten ist, dass ältere Personen generell höhere Helligkeite benötigen.
Die Inspiration Licht
Das richtige Licht zu setzen, für jede Tages- und Nachtzeit, für jede Art von Tätigkeit und Untätigkeit, ist eine Kunst. Deren wichtigste Regeln jedoch gar nicht so kompliziert sind. Und weil zu jeder Kunst Inspiration gehört, sollte man vielleicht, anstatt nur im Internet nach günstigen Lampe und Leuchten zu stöbern, wieder einmal einen der Filme Chabrols, Kubricks, Greenaways oder eines anderen Großmeisters anschauen – und vor allem auf die Innenaufnahmen achten.
