
Ob für einen Spieleabend im Kreis der Familie oder einen Serien-Marathon allein oder mit Freunden: Wir verraten, wie Sie Ihr Eigenheim jetzt noch behaglicher gestalten – mit exklusiven Profi-Tipps für ein rundum „hyggeliges“ Zuhause.
Nordeuropäer scheinen ein Glücksrezept gefunden zu haben. Schweden, Norwegen, Dänemark und Finnland landen jedenfalls regelmäßig unter den Top 10 des „UN World Happiness Reports“. Wissenschaftlich bewiesen ist es zwar nicht, aber zur Zufriedenheit der Skandinavier trägt womöglich auch ihr ausgewogenes Wohndesign bei.
Dabei hat jedes der nordeuropäischen Länder seine eigenen Vorlieben in Sachen Interior-Design.
Skandinavische Wohntrends:

Lagom Wer nach dem schwedischen Interior-Trend Lagom wohnen möchte, sollte sich aufs Wesentliche konzentrieren.
Kos Die norwegische Definition von Gemütlichkeit steht für Wärme, Freundlichkeit, Geborgenheit und Zusammengehörigkeit.
Aalto Die Entwürfe des Architekten und Möbeldesigners Alvar Aalto prägen bis heute die finnische Wohnkultur.
Hygge Der dänische Wohnstil zeichnet sich durch helle, warme Farben in Kombination mit Weiß, natürliche Materialien und ein cleveres Lichtkonzept aus.
Der bekannteste Scandi-Style kommt aber aus Dänemark. Hier ist Hygge ein zentraler Bestandteil der Alltagskultur. Ein Lebensgefühl, eine Haltung, tief in der dänischen Kultur und Sprache verwurzelt. „Hygge ist ein Teil der kulturellen DNA in Dänemark“, betont Meik Wiking, Geschäftsführer des Kopenhagener Instituts für Glücksforschung und Autor des Buches „Mein Hygge Home“.
Der Däne kann sich gar nicht mehr daran erinnern, wann er zum ersten Mal auf den Begriff „Hygge“ stieß. „Kürzlich erzählten mir Freunde, dass das erste Wort ihrer Tochter ‚Hygge‘ war – sie saß in einem kleinen Spielhaus und tat so, als würde sie Tee trinken“, lacht er. Denn Hygge ist mehr als eine Wohntrend.

Hygge bedeutet vieles – und für alle etwas anderes
Ins Deutsche übersetzt steht der dänische Begriff etwa für Gemütlichkeit, symbolisiert Sicherheit und Geborgenheit. Hygge umfasst viele Lebensbereiche – und bedeutet für alle etwas anderes. Im Wohnkontext steht Hygge für eine heimelige Atmosphäre mit viel Licht, weichen Texturen und warmen Farben. Mal wird Hygge minimalistisch, mal verspielt und romantisch interpretiert – ist aber stets gemütlich und behaglich.
Gerade in den vergangenen drei Jahren, als sich das Leben vieler Menschen hauptsächlich in den eigenen vier Wänden abspielte, schafften sich viele einen Rückzugsort. Neben Hygge ist auch der Wohntrend Cocooning beliebt. Dabei geht es darum geht, sich auf das eigene, häusliche Privatleben zu konzentrieren.
Was unterscheidet Hygge von Cocooning?

„Hygge bedeutet, eine behagliche, gemütliche Atmosphäre zu schaffen“, erklärt Interior Designerin Sandra Schwertfeger. Der Begriff Cocooning leitet sich vom Englischen „cocoon“ ab und bedeutet „sich verpuppen“ oder „sich einhüllen“. „Bei diesem Trend geht es also vor allem darum, sich in die eigenen vier Wände zurückzuziehen und sich auf sich selbst und das eigene, häusliche Privatleben zu konzentrieren.“
Das Zuhause wird also zunehmend zum Lebensmittelpunkt. Hier findet man Ruhe und den nötigen Ausgleich zum hektischen Alltag. „Das Verlangen nach einem intakten Home, in dem man sich sicher und wohl fühlt, ist aber nicht neu“, weiß Antje Flade, Diplom-Psychologin mit dem Themenschwerpunkt Wohnforschung. Dieses heimelige Gefühl sei nur stärker in den Fokus gerückt.
„Weil die Befriedigung dieses Bedürfnisses schwieriger geworden ist und weil es in unserer globalisierten Welt anonymer zugeht“, so die Expertin. Wichtig ist eine Einrichtung, die nicht erdrückt und einschüchtert. Also lieber auf zweckmäßige und schlicht designte, statt auf wuchtige Möbeln setzen.

Entspannung dank Ruheinseln
„Wenn wir es in unserem Zuhause hyggelig haben möchten, malen wir uns aus, welche Art von Aktivitäten, die förderlich für unser Wohlbefinden sind, dort stattfinden sollen“, erklärt Meik Wiking. Das heißt, der Wohnraum – ob beispielsweise das komplette Wohnzimmer oder lediglich eine Nische – wird den Bedürfnissen und der beabsichtigten Nutzung entsprechend gestaltet.
Aber wie genau verpasst man seinem Eigenheim „mehr Hygge“? In erster Linie geht es darum, „Aufregung“ in den Innenräumen zu vermeiden. „Das Schaffen von Ruheinseln und Rückzugsorten für sich allein oder sich und seine Liebsten unterstützt dieses Gefühl“, weiß Interior Designerin Sandra Schwertfeger. „Außerdem sollte man sich nur mit Dingen umgeben, die einem persönlich am Herzen liegen.“

Essentiell für ein hyggeliges Gefühl seien zudem kuschelige Decken und Kissen auf Stühlen, Sesseln und Sofas, die den Komfort steigern. „Gerade im Herbst und Winter werden wir das zu schätzen wissen, wenn es uns nach drinnen ins Warme zieht“, so die Einrichtungsexpertin.
Langflorige Teppiche setzen nicht nur ein optisches Highlight. „Sie fühlen sich auch angenehm unter den Füßen an und können sich positiv auf Akustik und Raumklima auswirken“, meint Sandra Schwertfeger. Pflanzen runden das Hygge-Feeling zu Hause ab. Sie sorgen für ein angenehmes Raumklima.

Natürliche Farben und Materialien
Auch die Farbgestaltung der Innenräume wirkt sich auf unser Wohlbefinden aus. Eine harmonische Farbauswahl verhilft zu mehr Ruhe. Freundliche Farben, oft in Kombination mit Weiß, sorgen für ein lässiges, entspanntes skandinavisches Flair. „Natürliche Farben wie Beige, Braun, Grün oder Blau zum Beispiel haben eine beruhigende Wirkung auf uns, während warme Farben wie Gelb, Orange oder Rot eine belebende Wirkung haben können“, erklärt Sandra Schwertfeger.
Für ein ausgeglichenes Hygge-Feeling empfiehlt die Interior-Spezialistin außerdem viel Holz sowie natürliche Materialien. Rattan, Leinen, Baumwolle oder Wolle haben eine angenehme Haptik und machen die Räume häuslicher. Der Vorteil: Naturmaterialien wie Wasserhyazinthe, Kork, Bananenfasern oder Bambus sind nachwachsend und dadurch nachhaltig.

5 Tipps für ein hyggeliges Zuhause:
1. Auf natürliche Materialien setzen.
2. Licht und Beleuchtung richtig einsetzen.
3. Flauschig weiche Teppiche.
4. Kuschelige Wolldecken und weiche Kissen.
5. Clevere Aufbewahrungslösungen.
Licht bewusst einsetzen
Neben den passenden Möbeln und Wohnaccessoires spielt bei Hygge das Lichtkonzept eine entscheidende Rolle. Schließlich ist es wenig verlockend, in eine dicke Decke eingewickelt unter kühlem Neonlicht zu sitzen.
Gerade für Dänen und Co., die im Winter nur wenige Sonnenstunden am Tag genießen können, sind helle Innenräume wichtig. Kerzen sorgen für ein angenehmes, natürliches Licht, reichen allein aber nicht aus. Und so rundet eine ausgeklügelte Beleuchtung jedes Hygge-Wohnkonzept ab.

„Licht hat enorme Auswirkungen auf unser Wohlbefinden und kann unsere Stimmung beeinflussen„, betont Sandra Schwertfeger. Jedes Zimmer brauche eine Mischung aus dekorativem und funktionalem Licht, um das richtige Ambiente für die unterschiedlichen täglichen Aktivitäten zu unterstützen.
Eine indirekte Beleuchtung schont die Augen und wirkt beruhigend. „Für eine entspannte Atmosphäre empfiehlt es sich, auf ein warmes, diffuses Licht zu setzen“, so die Expertin weiter. Dafür werden kleinere Leuchten im Raum verteilt, die Licht streuen. Tipp: Leuchten, bei denen der Schirm aus Stoff, Papier oder Glas hergestellt ist, streuen Licht ganz besonders, weil das Licht zuerst durch den Schirm gefiltert wird.
3 Fragen an Hygge-Experte Meik Wiking

Meik Wiking weiß, wie sehr das Zuhause unser Wohlbefinden beeinflusst. In seinem Ratgeber „Mein Hygge Home“ (Lübbe Life) gibt er Tipps für ein rundum hyggeliges Eigenheim.
Was ist Hygge?
Meik Wiking: Hygge ist mehr als Innenarchitektur, gemeint ist eher die Atmosphäre. Es geht um das Gefühl von Zuhause, dass wir sicher sind, von der Welt abgeschirmt, und uns erlauben, unseren Schutz fallen zu lassen. Hygge ist für die Dänen vielleicht das, was Freiheit für die Amerikaner ist.
Womit bringt man Ruhe in die eigenen vier Wände?
Meik Wiking: In vielen dänischen Häusern gibt es den berüchtigten „Hyggekrog“, die Hygge-Ecke, einen gemütlichen Platz in einer Zimmerecke, der mit Kissen und Decke oder einem Sitzsack eingerichtet wird. Oder einen Sitzplatz am Fenster, wo man sich mit einem guten Buch einkuscheln und entspannen kann.

Wie richte ich mich „hyggelig“ ein?
Meik Wiking: Der wichtigste Faktor für die Zufriedenheit mit dem eigenen Zuhause besteht darin, dass es nicht überladen ist. Außerdem hilft es, Räume vertikal zu denken, die richtige Beleuchtung zu verwenden und sich eine Strategie für Pre-Cluttering zurechtzulegen, um sicherzustellen, dass man nichts kauft, was nicht gebraucht wird.
Zu Hause richtig durchatmen

Wie wir die eigenen vier Wände gestalten und einrichten, trägt also maßgeblich zu unserem Wohlbefinden bei. Während der kalten Jahreszeit, wenn es früh dunkel wird, es nass und kalt ist, bekommt das Zuhause eine andere Bedeutung als während der heißen Sommermonate.
„Für uns Dänen ist Hygge eine Überlebensstrategie für den Winter“, lacht Meik Wiking. „Wir verbringen so viel Zeit daheim – und Hygge ist eine Möglichkeit, das Beste aus dieser Situation zu machen.“